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Flingern lebt!

Schon vor 30 Jahren war Flingern als Düsseldorfer Stadtteil im Kommen. Und spätestens bei der diesjährigen DC Open wird klar, dass die Kunstszene hier angekommen ist. Die Birkenstraße hat neuerdings eine Dichte an Galerien und Kunsträumen aufzuweisen, die man im zersplitterten Berlin vergeblich suchen würde.

Es hat allerdings sehr lange gedauert, bis es soweit war. Konrad Fischer war schon immer hier in der Nachbarschaft. Bei den musealen Ausstellungen des Urgesteins - aktuell Bernd und Hilla Becher - kommen die Leute eh, egal wohin. Und tatsächlich ist die Gegend noch immer durch extreme Mikrolagen geprägt: In einer Straße wähnt man sich im Wedding, einmal um die Ecke und man ist im besten Prenzlauer Berg.

Um die Ecke ist in diesem Fall allerdings schon ewig Schönewald Fine Arts, die eine ehemalige Hinterhoffabrik in einen superslicken White Cube von beeindruckenden Dimensionen verwandelt haben. Richter, Polke, Graubner, Judd sind Namen, die man dort erwartet. Aktuell hängen an den Wänden Zeichnungen (ab 2.500 Euro) und monochrome Wandobjekte (bis 100.000 Euro) des 1980 geborenen Andreas Schmitten, was in der Szene mit einer Mischung aus Skepsis und Achtung registriert wird. Richtig museal wird es bei Konrad Fischer mit einem institutionswürdigen Überblick der Aufnahmen von Betonbauten des Künstlerpaars Bernd und Hilla Becher.

Das zeitgenössische Herz Düsseldorf schlägt jedoch auf der besagten Birkenstraße, in der es jedoch weniger Bäume als Galerien und Ausstellungsräume gibt. Beinahe zum Establishment gehören Petra Rinck (Johannes Bendzulla) und Linn Lühn (Jon Savage). Letztere eröffnet allerdings zu DC Open mit Linn Lühn x Gusch einen zweiten Raum nebenan, in dem sie zusammen mit Harry Schellenberg Kunst und Designklassiker zeigt. Auch schon seit einigen Jahren dabei ist Rupert Pfab, bei dem Matthias Wollgast die sich ums Verschwinden drehende Sammlung eines erfundenen Sammlers zusammengestellt hat. 2016 hat Lucas Hirsch hier seine Galerie eröffnet, der Simon Mielke die Gelegenheit gibt, seine in Handyfotos festgehaltenen Alltagssituationen als Gemälde zu präsentieren. Ein Neuzugang ist Cosar, die von ein paar Straßen weiter hierher gezogen sind und die komplette Passage eines ehemaligen Möbelhauses übernommen haben. Ihre Künstlerin Irina Ojovan verarbeitet in Gemälden die Detailformen moderner Architektur.

Zwischen den kommerziellen Galerien haben sich vor allem in den letzten zwei Jahren ungefähr genau so viele Off- und Projekträume angesiedelt, mit jungen Künstlern und zum Teil sehr ambitionierten Projekten, etwa Nails mit einer raumfüllenden Installation von Cristiana Cott Negoescu, oder Aura Kunstraum mit eher klassischen Arbeiten und multimedialen Installationen von Filip Gudovic und Dao Yuan Sun.

Auch in Köln tut sich etwas. Echo heißt die gemeinsame Initiative von Wschód und Stereo aus Warschau, Hot Wheels Athens, Bureau aus New York und LC Queisser aus Tiflis in Räumen, die zuvor Jan Kaps bespielt hat. Aktuell breitet Wschód hier eine müffelnde Dystopie aus Rhein-Strandgut und Skultpuren von Maria Loboda aus. Vor sich hinwuchernde Keramiken von Dominika Bednarsky (2.500-3.300 Euro) stellt Gaa Projects den geometrischen Gemälden von Wilder Alison (5.500-20.000 US-Dollar) gegenüber. Wild wuchern bei Falko Alexander die digitalen Kreationen von Tim Berresheim. Die allerdings als altmeisterlich anmutende Unikate auf Leinwand gedruckt sind (8.500 Euro). Laura Schawelka nimmt sich bei Fiebach Minninger fotografisch dem analogen Schöpfungsprozess von Madame Tussauds Wachsfiguren an. Und bei Martin Kudlek spielt Simon Schubert mit dem vertrackten Verhältnis von Innen und Außen bei Thermoskannen, die er zu silbrig glänzenden Skulpturen á la Brancusi stapelt.

Zu schaffen ist das alles nicht an einem Wochenende, zumal viele Institutionen schon vor dem Start der Galerieausstellungen mit ihren eigenen Veranstaltungen das Publikum beanspruchen.

Programme aller teilnehmenden Galerien unter
--> www.dc-open.de

Mehr Texte von Stefan Kobel

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