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Helen Frankenthaler. Malerische Konstellationen: Die Grande Dame des Abstrakten Expressionismus

Mit der Ausstellung „Helen Frankenthaler. Malerische Konstellationen“ zeigt die Kunsthalle Krems eine bedeutende Vertreterin des Abstrakten Expressionismus, der in Europa viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde.

Geboren 1928 in New York und aufgewachsen in Manhattan als Tochter einer wohlhabenden jüdischen Familie, studiert Frankenthaler bei Paul Feeley am Bennington College in Vermont. Als sie 1949 nach dem Abschluss zurück nach New York kommt, ist sie gerade einmal 20 Jahre alt. Aber dennoch fehlt es ihr weder an Talent, Eloquenz noch Bildung, die New Yorker Kunstwelt für sich zu gewinnen, und so nimmt Frankenthaler bereits drei Jahre später an der „9th St. Exhibition of Paintings and Sculpture“, der Gründungsausstellung des New Yorker Abstrakten Expressionismus, teil. Von den 72 TeilnehmerInnen, darunter vermutlich nur elf Frauen, ist Frankenthaler die Jüngste, die hier neben Jackson Pollock, Willem de Kooning, Joan Mitchell oder Lee Krasner ihre Werke präsentieren darf.

1952 entwickelt Frankenthaler, inspiriert von den Drip Paintings Jackson Pollocks, den sie zu der Zeit auch öfters in Long Island besucht, ihre sogenannte „Soak-Stain“-Technik. Dabei schüttet die Künstlerin verdünnte Ölfarbe (später Acrylfarbe) auf die am Boden ausgebreiteten, ungrundierten Leinwände und verteilt sie anschließend mit Pinseln, Schwämmen oder anderen Hilfsmitteln. Mit „Mountains and Sea“ (1952), ihrem ersten Soak-Stain-Bild, erreicht sie schließlich den Durchbruch. Inspiriert von ihrer Reise nach Neuschottland symbolisiert es den Übergang des Abstrakten Expressionismus zur Farbfeldmalerei, ein Begriff, der vom Kunstkritiker Clement Greenberg geprägt wird. Im Vordergrund steht in Helen Frankenthalers Werken von nun an die Farbe und ihre Wirkung auf der Leinwand. Während ihre frühen Werke, die man im ersten Raum der Ausstellung sieht, noch Einflüsse des Kubismus aufweisen, sich zwischen Figuration und Abstraktion bewegen, dominieren in den Soak-Stain-Werken Farbe und Transparenz.

Damit ist der Grundstein für Frankenthalers Karriere gelegt: In den 50er Jahren folgen Ankäufe vom Museum of Modern Art (MoMA), eine Beteiligung an der documenta (1959) und schließlich repräsentiert sie zusammen mit Roy Lichtenstein, Ellsworth Kelly und Jules Olitski den amerikanischen Pavillon der Venedig Biennale 1966, bevor sie 1969 eine Ausstellung im Whitney Museum of American Art hat.

Trotz ihrer erfolgreichen Karriere ist die 2011 verstorbene Künstlerin im deutschsprachigen Raum wenig präsent und so ist die Ausstellung in der Kunsthalle Krems ihre erste Retrospektive in Österreich, bei der neben 70 Arbeiten auf Papier zehn Werke auf Leinwand präsentiert werden. Die Arbeiten auf Papier stellen in den 60er und 70er Jahren Frankenthalers großes Experimentierfeld dar. Gestische Linien oder Pinselstriche sowie vorgegebene Handlungen werden anfangs völlig ausgelassen. Die Kompositionen werden ganz dem Zufall überlassen, denn im Vordergrund steht, wie die Farbe auf das Papier trifft, in es eindringt, mit einem anderen Farbfeld in Berührung kommt, es überlagert oder die Farben ineinander zerrinnen. Dabei entstehen poetische und abstrakte Landschaften. In den 70er Jahren arbeitet Frankenthaler dann wieder vermehrt mit Pinseln und Schwämmen, mit denen sie horizontale Landschaften und vielschichtige Farbenmeere schafft. Es folgt eine gestische, abstrakte Phase in den 80er Jahren, wo sich Farbspritzer und Kleckse auf den Bildträgern verteilen. In den späten Arbeiten der 90er und 2000er Jahre wird die Farbe zunehmend intensiv und kräftig. Durch ihre leuchtenden, monochromen Farben wirken die Werke auratisch und anziehend, was durch die Dunkelheit und akzentuierte Beleuchtung in den Ausstellungsräumen verstärkt wird. Sie erinnern an die späten Arbeiten Mark Rothkos, die von einer ähnlich atmosphärischen Tiefe geprägt sind. Den Höhepunkt bildet dabei das Werk „Port of Cell (2002)“. Die in Blau gehaltene Arbeit auf Papier gibt schemenhaft eine Meereslandschaft mit einem hell schimmernden Horizont wieder. Die großformatige Leinwandarbeit „Salome (1978)“ (ca. 2,4 x 4 m), eine Leihgabe aus dem Wiener mumok, bildet schließlich das Ende dieser sehenswerten Ausstellung, die im Dezember weiter ins Museum Folkwang nach Essen wandert.

Mehr Texte von Désirée Hailzl

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Helen Frankenthaler. Malerische Konstellationen
23.04 - 30.10.2022

Kunsthalle Krems
3500 Krems, Franz-Zeller-Platz 3
Tel: +43-2732 90 80 10, Fax: +43-2732 90 80 11
Email: office@kunstalle.at
http://www.kunsthalle.at
Öffnungszeiten: Di - So und Mo wenn Feiertag 10-18 Uhr; in den Wintermonaten 10-17 Uh


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