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Zoe Leonard - A View from the Levee: Die Grenze der Repräsentation

Seit sechs Jahren schon fotografiert Zoe Leonard den sagenumwobenen Rio Grande – und hier bereits beginnt das Problem der Repräsentation, denn dieser Fluss, der die Grenze zwischen den USA und Mexiko markiert, heißt in Mexiko Rio Bravo. Dass „ein natürliches Element mit einer politischen Aufgabe betreut wird“, wie es die Künstlerin formuliert, steht dann selbstverständlich nicht zuletzt im Fokus dieses Langzeitprojektes. Spätestens seit der Rechtspopulist Donald Trump den Bau einer Grenzmauer zwischen Mexiko und den USA zu einem seiner zentralen Wahlversprechen erklärte, hat dieses künstlerische Unterfangen der Künstlerin endgültig auch an tagespolitischer Brisanz gewonnen. Die Ausstellung „A View from Levee“ vermeidet aber genau diesen letztlich vordergründigen und ebenfalls populistischen Blick auf den Grenzfluss. Stattdessen zeigt Leonards Präsentation die politische Dimension dieser Fotos in der Reflexion ihrer eigenen medialen Eingeschränktheit. 

Deutlich wird diese ideologiekritische Akzentuierung gleich in der Haupthalle der Galerie. Dort nämlich zeigt die Künstlerin die 40-teilige Arbeit „Prologue“, seit 2016, die aus 40 Fotos der Wasseroberfläche des Grenzflusses besteht. Die mehr oder weniger lyrischen Lichtspiele dieser Nahaufnahmen aber lassen sich dem Rio Grande/Bravo nicht in quasi „realistischer“ Weise zuordnen, sein Wasser kann hier nämlich kaum erkannt werden. Daran ändert auch die nicht enden wollende Wiederholung des Motivs nichts, erst der Kontext der Ausstellung leistet diese (scheinbare) Wiedererkennung. Die präzise abbildende Qualität von Fotos, vermeintlich ihr großer Vorteil der Malerei gegenüber, kommt hier also dezidiert an ihre Grenzen. In diesem Sinne hat ja bekanntlich schon Bertolt Brecht davon gesprochen, dass ein Foto erst durch die Betitelung seinen inhaltlichen Gehalt bekommt.

Im Kellergeschoss sowie in der ersten Etage der Galerie werden dann zudem Sujets gezeigt, die fast schon in dokumentarischer Manier Szenen links und rechts des Grenzflusses zeigen. Da grast etwa eine Vieherde am Ufer, bewaldete Böschungen tauchen auf und auch ein Mauerbau ist dort zu sehen. Signifikanterweise nun werden diese Motive, fotografiert von Leonard übrigens in schwarz-weiß, meist in Serien aus vier oder fünf Bildern gezeigt, in Sequenzen, die das Sujet jeweils aus unterschiedlichen Blickwinkeln vorstellen. Genau diese dezenten perspektivischen Verschiebungen dank unterschiedlicher Standpunkte weisen dann wiederum klug hin auf die Subjektivität jedweder fotografischer Repräsentationen hin. Unbedingt anschauen!

Mehr Texte von Raimar Stange

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Zoe Leonard - A View from the Levee
18.03 - 16.04.2022

Capitain Petzel
10178 Berlin, Karl-Marx-Allee 45
Tel: +49 30 2408 8130, Fax: +49 30 2408 81318
Email: info@capitainpetzel.de
http://www.capitainpetzel.de
Öffnungszeiten: Tuesday – Saturday
11 am – 6 pm


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