Tobias Rehberger - With And Without You: Spieglein, Spieglein an der Wand

In seiner Ausstellung „with and without you“ in der Berliner Galerie neugerriemschneider denkt Tobias Rehberger einmal mehr über Themen wie Autorenschaft, Zweck und Porträt nach. Dabei  kommt er zu auch formal ansprechenden Lösungen.

Gleichsam überlebensgroße Vasen aus Fiberglas stehen da im zentralen Raum der Galerie neugerriemschneider. Zusammengesetzt aus monochrom farbigen, ovalen Formen sind sie als minimalistische Skulpturen ebenso lesbar wie als abstrakte Porträts. Mit seiner Werkgruppe „Mother without child“, 2022, knüpft Tobias Rehberger produktiv an eben jene Vasen an, die er 1994 bei seiner ersten Ausstellung in der Galerie und vier Jahre später auf der 1. berlin biennale gezeigt hat. Damals stellten die Vasen Porträts von Künstlerkollegen Rehbergers vor, die von diesen Kollegen vollendet wurden, indem sie Blumen ihrer eigenen Wahl in die Vasen steckten. Jetzt handelt es sich um Porträts fiktiver Personen, die Vasen bleiben so zwangsläufig leer und erscheinen daher eher als zweckfreie, also autonome Kunstwerke.

Auch der Wandteppich „Alain in Ari I.“, 2022, zeigt mit seinen verwobenen Farbflächen Porträts, jetzt fast schon „realistisch“ nämlich das von Ari, dem Sohn der Sängerin Nico, und zudem das von seinem vermeintlichen Vater Alain Delon. Da der Teppich an der Wand hängt, statt wie üblich auf dem Boden zu liegen, ist auch er, wie die Vasen, als autonomes Kunstwerk zweckentfremdet. Zudem stellt sich hier, wie so oft bei Rehberger, die Frage nach der Autorenschaft von Kunst, wurden die Vorlagen für diese Porträts doch nicht von ihm selbst gemacht, und auch das Weben des Teppichs hat der Künstler delegiert, an ein Unternehmen in Afghanistan. 

Im Raum verteilt hängen zudem diverse „reparierte Spiegel“. Spiegel mit einem oder mehreren Sprüngen hat Rehberger hier mit Sprühfarbe und silbernen Tape ästhetisch veredelt, durchaus an die Ästhetik Isa Genskens erinnernd. Da ist zum Beispiel der Spiegel „shock yellow light babyskin orange goldchrome bermuda purple mirror in repair“, 2022, der mit seiner ovalen Farbfläche in Lila und seinem gelbliche Farbstreifen im unteren Teil wohl nicht zufällig auf die ihm gegenüberstehende Vase anspielt. Einerseits kann dieser Spiegel, wie jeder Spiegel, als Selbstporträt des in ihm Blickenden angesehen werden. Andererseits stellt „shock yellow light babyskin orange goldchrome bermuda purple mirror in repair“ diese Funktion vor allem durch die auf ihm gesprühten Bemalungen sowie durch die Sprünge - Marcels Duchamps „Das große Glas“, 1915 – 1923, mit seinen aus Versehen entstandenen Sprüngen lässt aus der Ferne grüßen - gezielt in Frage. Diese Sprünge sind es dann auch die wiederum die Autorenschaft des Künstlers zumindest relativieren, denn die Sprünge bei den gefundenen Spiegeln sind nicht von ihm selbst verursacht worden.

Im kleinen Nebenraum der Galerie schließlich wird die Frage nach Autorenschaft in Richtung des Problems von Kontrollverlust gewendet. Die Skulptur „3D Rauchsäule 1“, 2022, aus transparenten Kunststoff etwa ist da zu sehen. Ein im Internet gefundenes 3D-Modell, also ein nicht von Rehberger entworfenes, wurde hier in übergroßer Dimension variiert, wobei die Formbildung wiederum Computerprogrammen überlassen wurde. Auch das Sujet dieser Skulptur, der Zigarettenrauch, kündet von Kontrollverlust, denn wer kann schon so rauchen, dass dieser Rauch geplante Formen annimmt?! Und da Rehberger selbst ein starker Raucher ist, kann auch „3D Rauchsäule 1“ als (Selbst)Porträt gelesen werden.