Der geliebte eigene Salon-Antisemitismus
Jetzt sind wir von der antisemitischen Realität aber gut eingeholt worden, sehr verehrter (Die-paar-Juden-sind-mir-egal-)Kolumnist? Oder sollte Ihr Artikel eine zeitversetzte Glosse für Juli werden? In vorauseilendem Gehorsam vor BDS-Afficionados, rechtsradikalen Judenhassern wie auch linken Salon-Antisemiten?
Es ist großartig, wenn Sie meinen, Antisemitismus wäre kein Problem in der globalen und in der deutschen Gegenwart (denn ansonsten würden Sie dies akzeptieren und eben auch in ihren Text einbeziehen). Aber seien Sie sicher, auch nach 1945 gibt es Judenhass in Deutschland, es gibt ihn sogar global (was für eine Erkenntnis), auch nach 1945 werden die allseits von Salon-Antisemiten produzierten Verschwörungsmanipulationen weitererzählt, die wiederum je nach Zeitalter und Jahrhundert in einem Pogrom enden.
Wahrscheinlich interessieren Sie aber weder Pogrome als solche noch die unzähligen menschlichen jüdischen verstümmelten und verkürzten Schicksale seit dem Beginn der antisemitischen Erzählung über die letzten Jahrhunderte. Sonst hätten Sie evt. den völlig verkürzten Bezugsrahmen in Ihrem Artikel etwas verbreitert. - Aber das würde ja nur bedingen, das gesamte Bild anzuerkennen und den eigenen Salon-Antisemitismus abzustreifen. Zu den Fakten (zitiert von mena-watch):
Findungskommission der documenta
Amar Kanwar und Charles Esche. Der Filmemacher Kanwar gehört zu den Unterzeichnern eines BDS-Aufrufs der indischen Campaign for the Academic and Cultural Boycott of Israel.
Der Kunsthistoriker und Museumsdirektor Esche hat den Aufruf »Wir können nur ändern, was wir konfrontieren« unterschrieben, der im Dezember 2020 veröffentlicht wurde. Er ist eine Solidaritätserklärung für die „Initiative GG 5.3 Weltoffenheit“, die sich gegen den Anti-BDS-Beschluss des Deutschen Bundestages aus dem Jahr 2019 richtet; in Ton und Inhalt ist diese Erklärung sogar noch deutlich schärfer formuliert als die Stellungnahme der Initiative.
Ruangrupa
Die Findungskommission hat das indonesische Künstlerkollektiv Ruangrupa aus Jakarta mit der künstlerischen Leitung der 15. Documenta beauftragt. Zur Ruangrupa gehören unter anderem Ade Darmawan und Farid Rakun, zwei antiisraelische Aktivisten.
Darmawan zählt zu den Unterstützern des stramm antizionistischen Aufrufs »A Letter Against Apartheid«, in dem Israel als »Apartheidsystem« bezeichnet wird; zudem werden dem jüdischen Staat »Kolonialismus«, »ethnische Säuberungen« und »Verbrechen gegen die Menschheit« vorgeworfen.
Rakun hat einen offenen Brief von Künstlern an die Fundação Bienal de São Paulo unterschrieben, der sich gegen finanzielle Zuwendungen des israelischen Staates für die große Kunstbiennale in der brasilianischen Stadt São Paulo richtet. »Durch die Annahme dieser Finanzierung wird unsere künstlerische Arbeit, die in der Ausstellung gezeigt wird, untergraben und implizit zur Reinwaschung von Israels anhaltenden Aggressionen und Verletzungen des Völkerrechts und der Menschenrechte verwendet«, heißt es in dem ideologisch motivierten Schreiben.
Kuratoren
Zum künstlerischen Team der Documenta gehört die Kuratorin Lara Khaldi. Auch sie hat den Aufruf »Wir können nur ändern, was wir konfrontieren« zur Verteidigung der BDS-Bewegung unterzeichnet, außerdem einen »Call to Action« gegen »die israelische Kolonialherrschaft und das israelische Apartheidsystem« sowie gegen das Museum of Modern Art in New York wegen dessen angeblicher »Verflechtung mit den sich gegenseitig verstärkenden Projekten des Siedlerkolonialismus, des Imperialismus und des rassistischen Kapitalismus in Palästina, den USA und auf der ganzen Welt«.
Das Ausstellungskonzept der Ruangrupa sollen 14 Künstlergruppen bei der Documenta in die Tat umsetzen. Sie alle wurden zu »Lumbung Members« ernannt, wobei »Lumbung« so viel wie »kollektiv verwaltete Reisscheune« bedeutet.
Eine dieser Gruppen ist das palästinensische Künstlerkollektiv The Question of Funding, das seine Ursprünge im Khalil al Sakakini Cultural Center (KSCC) hat. Dieses Zentrum wurde 1996 als Unterabteilung des palästinensischen Kultusministeriums gegründet, seit 1998 ist es eine Kunst- und Kultur-NGO mit Sitz in Ramallah und Außenstellen unter anderem in Gaza und Bethlehem.
Der 1953 verstorbene Namensgeber Khalil al-Sakakini, ein Pädagoge und Schriftsteller, war ein überzeugter Anhänger des Nationalsozialismus, der die Politik von Adolf Hitler befürwortete und an eine jüdische Weltverschwörung glaubte. Das KSCC rief bereits 2005 zu einem akademischen Boykott Israels auf und vertritt auch heute keine andere Position.
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Klipp und klar: Menschen wie Sie sind letztlich dafür (mit-)verantwortlich, dass Judenhass nicht nur akzeptiert, sondern auch gelebt wird.