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Ein Fuzerl vom Klimt

„Der Kuss“ ist eines der ikonischsten Werke von Gustav Klimt und ein Besuchermagnet in der Österreichischen Galerie Belvedere. Was aber, wenn die Besucher:innen aufgrund der Pandemie ausbleiben und das Museum einen Gutteil seiner Einnahmen verliert? Die Digitalisierung hat zwar den Informationsfluss vom Museum hin zu den Interessierten ermöglicht, die digitalen Führungen, Vorträge und Sammlungs-Websites kosten aber zusätzlich Geld und bringen keine Einnahmen die den Ausfall an Eintritten kompensieren könnten.

Da kommt den Museen ein Aspekt der Digitalisierung, der aktuell den Kunstmarkt intensiv beschäftigt gerade recht – die Non Fungible Tokens, kurz NFTs, die als Krypto-Investementtool den Kunstmarkt ins digitale Zeitalter beamen sollen. Den aktuell boomenden Markt erachten viele Museen als neue Möglichkeit, ihre meist unverkäuflichen Schätze auch digital monetarisieren zu können. So haben etwa die Uffizien in Florenz schon im Frühjahr 2021 Michelangelos Gemälde Tondo Doni (oder Die Heilige Familie) als NFT um 140.000 Euro an eine Italienerin verkauft, die das Digitalfile wiederum ihrem Gatten zum Geburtstag schenkte.

Nun versucht auch das Belvedere in Wien mit dem Kuss von Gustav Klimt Digitalgeld in die Museumskasse, bzw das Wallet fließen zu lassen. Gemeinsam mit ArteQ, einem NFT-Investment Unternehmen aus Wien, will das Museum rechtzeitig zum Valentinstag den Klimt digital in 10.000 NFTs zerschnipseln, die man dann als Liebesbeweis einer Person per E-Mail widmen kann. Auf das Original umgelegt bedeutet das einen Bildausschnitt von 1,8x1,8 Zentimetern den man für den Gegenwert von 1.850 Euro seine/r/m Liebsten schenken kann. Um das Geschäft abzuwickeln muss man sich bis zum Valentinstag auf der Website --> thekiss.art in eine Interessentenliste eintragen, nach dem Minten des jeweiligen Anteils kann man diesen dann in seine Wallet übertragen und über die Website eine Nachricht an die/den Beschenkten übermitteln lassen.

Für Alfred Weidinger, der sich als Geschäftsführer der OÖ Landes-Kultur GmbH intensiv mit dem Phänomen NTF im Museum auseinandersetzt und mit der großen Austellung Proof of Art (--> das artmagazine berichtete) und dem digitalen Museumsspace auf Cryptovoxels Pionierarbeit leistet, ist es durchaus legitim, dass sich Museen digitale Vermarktungsmechanismen für ihre analogen Kunstschätze überlegen. „Man darf das aber nicht mit digitaler Kunst verwechseln“, so Weidinger, „denn das ist es sicher nicht.“
Auch Eike Schmidt, Direktor der Uffizien in Florenz sieht die Tokenisierung von analogen Kunstwerken differenzierter. Anders als beim Besitz von Aktien, die je nach Menge die man besitzt, auch eine gewisse Einflussmöglichkeit auf die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens beinhalten, sei das bei NFTs von Museumswerken schlicht unmöglich. Schon ein Abendessen vor dem Kuss für alle Anteilseigner, ist bei den angepeilten 10.000 Schnipseln wohl unmöglich.

Natürlich ergibt sich für Investor:innen die Chance, dass die Klimt-NFTs später im Sekundärmarkt genhandelt werden und damit Gewinne zu erzielen sind. Aktuell ist der Kauf der Klimt-NFTs allerdings auf fünf Stück pro Wallet beschränkt, in welche die NFTs nach dem Kauf gesendet werden sollen.
Urheberrechtlich ist die Angelegenheit übrigens unbedenklich, denn das Kunstwerk ist mehr als 70 Jahre nach dem Tod von Klimt 1918 mittlerweile gemeinfrei. An dem hochauflösenden Digitalfoto, das als Grundlage für die Tokenisierung dient, dürfte das Belvedere die Rechte besitzen.

18,5 Millionen können bei komplettem Verkauf aller Digitalschnipsel im besten Fall erlöst werden. Darüber, wie viel letztendlich davon im Museum ankommen könnte, hält sich das Belvedere aber bedeckt. Im Falle des Michelangelo-NFTs der Uffizien lag die Provision der involvierten NFT-Plattform bei 50%. Die Information, wie hoch die Provision von ArteQ im Rahmen der Kooperation sei, verweist man auf vertrauliche Vertragsdetails – unüblich im NFT-Business mit Kunst, ist doch gerade die hohe Transparenz gegenüber dem herkömmlichen Kunstmarkt ein wichtiges Argument seiner Befürworter.
So ganz ist man im Belvedere mit dieser Aktion in der Welt der Krypto-Kunstvermarktung wohl noch nicht angekommen.

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Abbildung: NFT-Präsentation „Der Kuss" von Gustav Klimt im Oberen Belvedere. Foto: Ouriel Morgensztern / Belvedere, Wien

Mehr Texte von Werner Remm

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