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Meilenstein und Herausforderung

M+. Hong Kongs neues Museum für visuelle Kulturen

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Letzte Woche war eine besondere Woche für Hong Kong. Nach einer beinah 15-jährigen Wartezeit wurde das neue Museum M+ eröffnet. Über 4.000 Kunsthungrige waren zur feierlichen Eröffnung am 11.11. geladen und einen Tag später wurde der markante Bau im wahrsten Sinne von Besucherströmen überrannt, die kamen, um die in 33 Räumen ausgestellten rund 1.500 Objekte zu entdecken. Bei ihrer Eröffnungsrede wies Hong Kongs Regierungschefin Carrie Lam darauf hin, dass auch Rom nicht an einem Tag erbaut worden sei, um dann nachzulegen, dass Hong Kong mittlerweile London verdrängt hätte und die Nummer 2 hinter New York im globalen Markt zeitgenössischer Kunst geworden sei. Vergleiche des neuen Flagschiffs der Hong Konger Museumsszene mit MOMA, Tate Modern und Centre Pompidou wurden gemacht und in dieser festlichen Stimmung verriet denn Victor Lo, der Vorsitzende des M+ Vorstands, auch gleich, wie es überhaupt zum Namen M+ kam. Da sich der Vorstand damals nicht auf einen Namen einigen konnte, schrieb man als Arbeitstitel ‘M+’ auf das 2006 erstellte Konzept für eine zukünftige Institution, die sich mit der visuellen Kultur in Hong Kong, China und Asien auseinandersetzen und die Bereiche der bildenden Kunst, Design, Architektur und Bewegtbild des 20. und 21. Jahrhunderts umfassen sollte. Das Konzept überzeugte die Geldgeber ebenso wie der ungewöhnliche und programmatische Name: M+. 

Mit der Eröffnung des M+ ist nun ein wichtiger Meilenstein in der Transformation Hong Kongs zu einer globalen Kapitale der Kultur erreicht worden. Eingebettet in ein parkähnliches 400.000 qm grosses Areal im westlichen Teil der Halbinsel Kowloon entstehen im Rahmen des Projektes West Kowloon Cultural District 17 größere Veranstaltungsorte, mehrere Theater, Konzerthallen und Museen, darunter das Hong Kong Palace Museum und verschiedene Spielorte für Performance. (Im Vergleich hierzu verfügt das Wiener Museumsquartier über 7 grössere Institutionen und rund 60 kleinere Initiativen auf rund 90.000 qm.) Um die Dimension des Projektes West Kowloon Cultural District richtig zu verstehen, muss man sich die besondere Situation der sogenannten Greater Bay Area vor Augen führen. Neun Städte und zwei Sonderverwaltungszonen (Hong Kong und Macau) mit einer Gesamtbevölkerung von über 71 Mio Menschen bilden dieses gigantische Areal. Nachdem Hong Kong im Laufe der letzten Jahrzehnte seine Produktionen weitgehend in die Nachbarmetropole Shenzhen ausgelagert hat, wurde bereits 1998 beschlossen, Hong Kong neben seiner Rolle als börsennotierten Finanzplatz und Hochburg des Edel-Shoppens in eine Drehscheibe der zeitgenössischen Kultur zu verwandeln. Und der West Kowloon Cultural District spielt hierbei eine maßgebliche Rolle. Dafür wurden von der Stadt 2.3 Mrd Euro budgetiert. Und das M+ ist einer der Keyplayer in diesem Projekt.

Von Herzog & de Meuron konzipiert und in Kooperation mit TFP Farrells und Arup umgesetzt, entstand im Zeitraum 2013 bis 2021 ein markantes Gebäude, welches über 18 Etagen und 65.000 qm Fläche verfügt. Hiervon sind 17.000 qm für Ausstellungen vorgesehen. Vier der Etagen, welche die Ausstellungssäle beinhalten, bilden als kompakte horizontal liegende Box die Basis der mit 110 m Breite und 66 m Höhe eindrücklichen vertikalen Fassade. Im vertikalen Gebäudeteil befinden sich die Bureaus, Lager, Restaurants und die M+ Lounge. Die zur Insel Hong Kong ausgerichtete Südfassade liefert mit 5,664 LED Röhren einen riesigen Bildschirm, der vermutlich schon bald zu den Top 5 in dieser Stadt der permanenten Lichtverschmutzung gezählt werden darf. Da wird sogar die 484 m hohe Lichtsäule des ICC verblassen, welche sich unmittelbar hinter M+ befindet.

Der liegende, für Ausstellungen benutzte horizontale Gebäudeteil verfügt über einen Dachgarten, der über eine grosse Treppe frei zugänglich ist und spektakuläre Blicke auf die Skyline erlaubt. Grosszügige zentrale Innenhöfe, welche ausgespart wurden, lassen viel Tageslicht in das Gebäude fliessen. Um sie herum arrangiert, finden sich die Ausstellungsbereiche. Im Untergeschoss sind das M+ Cinema, die Mediatheque, der kleinere von zwei Museumsshops, ein Restaurant und das sogenannte ‘Curator Creative Café’ untergebracht. Im Erdgeschoss sind neben der zentralen Anlaufstelle für Info und Tickets, der M+ Shop, das Learning Hub, welches über Vortragssaal (Forum), als auch Räume für Workshops und Seminare verfügt, das Moving Image Centre und mit der Main Hall Gallery eine grössere Ausstellungsfläche zu finden.

In der Main Hall Gallery findet die unter Leitung von Tina Pang (Curator, Hong Kong Visual Culture) und ihrem Team erstellte Ausstellung ‘Hong Kong: Here and Beyond’ statt. Unterteilt in die Bereiche ‘Here’, ‘Identities’, ‘Places’ und ‘Beyond’ wird ein stellenweise geschickt und anregender, stellenweise visuell überladener Mix aus Kunstwerken, Filmen und Objekten aus den Bereichen Architektur und Design präsentiert. Unter den herausragenden Einzelstücken sticht der ‘Domestic Transformer’ des Architekten Gary Chung heraus, der 2007 ein Micro-Appartment geschaffen hat, welches auf nur 32 qm 24 verschiedene Raumkonfigurationen beinhaltet.
Die Ausstellung enthält zahlreiche Werke, die sich mit historischen und aktuellen Fragestellungen in Hong Kong auseinandersetzen. So thematisiert Tiffany Chung mit ihrer Installation ‘flotsam and jetsam‘ (2015-2016) das Schicksal der vietnamesischen Flüchtlinge in Hong Kong. Gegenüber sieht man das imposante Floss von Kacey Wong mit dem dieser 2009 im Rahmen seiner Performance ‘Paddling Home’ im Victoria Harbour auf die beengende Wohnsituation in Hong Kong aufmerksam machte. Unter dem Motto ‘There is more than one story of Hong Kong‘ werden unterschiedlichste Werke miteinander in Beziehung gebracht. So rahmen grossformatige Fotografien von Michael Wolf und Andreas Gursky das Architekturmodell der preisgekrönten Wohnhausanlage Verbena Heights von 1992-1997. An anderer Stelle treffen Werke von Hong Kongs führenden Gestaltern aufeinander und die Präsentation erinnert eher an eine Ausstellung für Graphikdesign. Wenn man aufmerksam schaut, begegnet man gleich an mehreren Stellen den Ikonen des Cross Cultural Design des 1934 in Wien geborenen und seit Anfang der 1960er Jahre in Hong Kong lebenden Pioniers des Corporate Identity Design Henry Steiner, der das Erscheinungsbild Hong Kongs wesentlich mitgeprägt hat und in Österreich immer noch viel zu unbekannt ist. Die von Li Cheuk-to (Curator, HK Film and Media), Chanel Kong (Associate Curator of Moving Image) und Catherine Lau (Assistant Curator of Moving Image) getroffene Selektion von 22 Filmen, die unter dem Motto ‘Where Do We Look Now?‘ übers Eck auf zwei Wände geloopt werden und der von Hugh Davies zusammengestellte aus 8 Monitoren bestehende Überblick ‘From 8 to 64 Bits: Hong Kong in Videogames’ verweisen auf einen wesentlichen Schwerpunkt des M+, der gegenwärtig noch in Vorbereitung ist: das bewegte Bild. Wie von Silke Schmickl (Lead Curator, Moving Image) zu erfahren war, werden derzeit diverse Module entwickelt mit dem das Moving Image Centre, welches über 3 Kinos verfügt, und die Mediatheque ab dem Frühjahr 2022 bespielt werden sollen. Filme und Videogames nehmen seit jeher in der Kultur Hong Kongs einen wichtigen Stellenwert ein, so dass zukünftige Ausstellungen weitaus stärker das Zusammenspiel von bewegtem Bild, Architektur, Design und bildender Kunst wagen werden. Die Ausstellung in der Main Hall Gallery ist in diesem Sinne wegweisend, wohin sich M+ schliesslich als Museum mit Schwerpunkt visueller Kultur hin entwickeln könnte. 

Vom Erdgeschoss geht es dann hinauf in das 2. Obergeschoss, welches komplett für Ausstellungen vorgesehen ist. Gegenwärtig verfügt die M+ Collection über 6.519 Werke, hinzu kommen noch die M+ Library Collection und die Archive mit 50.400 Objekten. Die Sigg Galleries zeigen eine kleine Auswahl der 1.510 Werke von rund 320 Kunstschaffenden, die als M+ Sigg Collection einen besonderen Schwerpunkt einnimmt, da es sich hierbei um die weltweit grösste und bedeutendste Sammlung chinesischer Gegenwartskunst handelt. 2012 vermachte der Schweizer Sammler und Unternehmer Uli Sigg einen Grossteil seiner Sammlung dem M+. Hong Kong wurde auch deshalb ausgewählt, da es damals noch keine chinesischen Zensurvorschriften gab und es somit möglich war, Kunstwerke mit gesellschaftskritischen Themen zu zeigen. Die Schenkung trug wesentlich dazu bei, dass sich Hong Kong zum Hub für Gegenwartskunst in Asien entwickeln konnte. Dies wurde von zahlreichen renommierten Galerien erkannt und auch Art Basel wählte Hong Kong schließlich als Standort seiner Repräsentanz in Asien. In neun Räumen ist nun eine repräsentative Auswahl zu sehen, die in loser chronologischer Abfolge mit dem sozialistischen Realismus und den Umbrüchen in den 1970er Jahren beginnt und 2012 endet. Im Vorfeld der Ausstellung wurde in den Medien bereits teilweise heftig diskutiert, inwieweit das letztjährige Sicherheitsgesetz einen Einfluss auf die Auswahl der gezeigten Arbeiten haben könnte. Doch wie Uli Sigg im Gespräch mit dem Autor versicherte, konnte die Liste der Kunstschaffenden ohne Abstriche durchgebracht werden. Pi Li (Sigg Senior Curator, Visual Art) hat unter dem Motto ‘From Revolution to Globalization‘ eine spannungsreiche Auswahl inszeniert, die sowohl mittlerweile klassische Positionen wie Zhang Xiaogang, Wang Guangyi, Qi Zhilong, Geng Jianyi, Fang Lijun oder Zeng Fanzhi enthält aber auch Werke von Wang Xingwei, Zhou Tiehai, Wei Guangqing, der Kunstschaffenden der 85 Wave oder der für ihre Performances bekannten Mitglieder der Beijing East Village Gruppe, die durchaus auch heutzutage zur kritischen Diskussion anregen. Sogar die grossartige Installation ‘Whitewash‘ (1995-2000) aus neolithischer Töpferware, die von Ai Weiwei nachträglich dekoriert wurde, ist ausgestellt. Bereits für den Winter 2022 ist ein Austausch der Werke geplant, um weitere Arbeiten aus der M+ Sigg Collection zu präsentieren.

Während die aus nur einem Raum bestehende Focus Gallery mit ‘Crucified TVS‘ eine aktuelle Video-Installation in Kreuzform des in Südkorea beheimateten Künstlerduos Young-Hae Chang und Marc Voge enthält, stellte Pauline Yao (Lead Curator, Visual Art) die ungefähr 2000 qm grosse West-Gallery einem einzelnen Werk zur Verfügung: ‘Asian Field‘ des britischen Künstlers Antony Gormley. 80.000 der 200.000 Tonfigürchen, welche 2003 von ungefähr 300 Mitwirkenden des Dorfes Xiangshan hergestellt wurden, sind hier nun ausgestellt und werden die zahlreichen Selfie-Junkies unter den Museumsbesuchern inspirieren.

Die aus 7 Räumen bestehenden East Galleries zeigen unter dem Titel ‘Things, Places, Interactions‘ eine Auswahl aus dem Fundus an angewandter Kunst. Herausgekommen ist ein Mix an Einzelstücken, die in ihrer Vielfalt auf eines der generellen Probleme der Sammlumgspolitik von M+ hinweisen. Im Gegensatz zur abgeschlossenen Sammlung von Uli Sigg zeigt sich hier recht deutlich, dass es sich bei dem restlichen M+ Bestand um eine rudimentäre Sammlung handelt, die noch im Aufbau begriffen ist. So treffen durch Gelegenheiten ergebene Erwerbungen auf die Vorlieben der in der Vergangenheit oftmals wechselnden Mitarbeitenden. Es hat glückliche Ankäufe wie das Archiv der utopischen Architektengruppe Archigram (1961-1974) oder die Kiyotomo Sushi Bar (1988) des japanischen Innendesigners Kuramata Shiro und etliche interessante Einzelobjekte, wie eine einzelne Lüftungsklappe aus Aluminium, die in Le Corbusiers Chandigarh Projekt zum Einsatz kam oder eine dreieckige Panele vom Expo Tower in Osaka, der 1968-1970 von Kikutake Kiyonori gestaltet wurde. Amüsant wird es, wenn eine ganz normale Kikkoman Soya Saucenflasche des japanischen Produktdesigners Ekuan Kenji von 1961 neben das 1957 gestaltete Etikett einer Asahi Bierflasche von Raymond Loewy platziert wird. In solchen Momenten drängt sich leider der Eindruck auf, dass es nicht so wichtig ist, was hier gezeigt wird, Hauptsache, es hat irgendwas mit Asien zu tun. Solcherart präsentiert, wirken diese Einzelstücke jedoch keineswegs als Design-Ikonen, sondern eher als Mahnmale der eigenen Lückenhaftigkeit und erinnern irgendwie an Präsentationen kleinstädtischer oder regionaler Heimatmuseen. Die Herausforderung, welche sich für Ikko Yokoyama, die zuständige Kuratorin für Design & Architektur, künftig stellen wird, besteht darin, diese Einzelfragmente in ein größeres Narrativ zu gießen und wesentliche Lücken zu schließen.

Mit der Herausforderung Lücken zu schließen, haben natürlich auch Pauline Yao (Lead Curator Visual Art) und Lesley Ma (Curator of Ink Art) in der benachbarten South Galleries zu kämpfen. Doch bei der Selektion und Präsentation von Kunstwerken fällt die Lückenhaftigkeit nicht so stark auf, wie es im Bereich Design und Architektur passiert. Unter dem Titel ‘Individuals, Networks, Expressions‘ erlaubt dieser Sammlungsbereich einen Einblick in die Geschichte der späten Moderne und zeitgenössischen Kunst Asiens, berücksichtigt dabei Klassiker und führt hin zu aktuellen Werken. Es gibt einige starke Gegenüberstellungen, wie das Zusammentreffen der gläsernen Schutzschilder der Polizei von Michael Joo mit der von Ian Cheng stammenden, einer Artificial Intelligenz entspringendem drachenähnlichen Wesen namens BOB, der mittels App von Besuchern gefüttert werden muss und alles verschlingt. Überaus gelungen auch der benachbarte Raum, der ‘The Letter Writing Project‘ des aus Taiwan stammenden Künstlers Lee Mingwei aus dem Jahr 1998 enthält. Unter dem Titel ‘Turn Towards Abstraction präsentiert die Kuratorin Lesly Ma ein reichhaltiges und dennoch homogenes Arrangement an Werken, die das Medium der Tusche neu interpretieren. Der Raum ‘Sculpture and Space‘ mag exemplarisch für die gelungene Konstellation von Kunstwerken unterschiedlicher Jahre und unterschiedlicher Herkunft aus Ost und West stehen, die zum Kennzeichen des M+ werden könnte. Neben einem spektakulären Ausblick nach Westen hält dieser Raum neben einer frühen Bodenarbeit des koreanischen Künstlers Lee Ufan von 1969, dem ‘Strange Bird‘ des Japaners Isamu Noguchi von 1945/1971, den ‘Glass Doors‘ der iranischen Künstlerin Monir Shahroudy Farmanfarmaian von 1982, dem 1963 geschaffenen Zentauren des aus Singapore stammenden Kim Lim und der leider eher lieblos in eine Ecke an die Decke montierten Arbeit ‘Serie D Vierkantrohre‘ von Charlotte Posenenske von 1967 gleich mehrere Überraschungen und Entdeckungen bereit.

Doryun Chong (Deputy Director, Curatorial and Chief Curator) hat die Präsentation in den Courtyard Galleries zu verantworten. Diese bestehen zwar nur aus zwei Räumen; diese haben es aber in sich. Unter dem Motto ‘The Dream of the Museum‘ stehen sich im ersten Raum zwei Klassiker gegenüber. ‘From or by Marcel Duchamp or Rrose Sélavy (Box in a Valise), series F‘ (1935-1941) und als passendes Gegenstück die Installation ‘Not Wanting to Say Anything about Marcel. Plexigram I - VIII‘ von John Cage, die dieser 1969 nach dem Tode seines Mentors geschaffen hat, um diesen zu ehren. Bei Cages Werk ist interessant, dass diesem das ‘I Ging‘, das Buch der Wandlungen, zugrundeliegt (Plexiglas und Hexagram = Plexigram). Beide Werke werden durch wunderbar schliche Animationsfilme von Vincent Broquaire in ihrer Anwendung erklärt und beide Installationen greifen in der Aufstellung ihrer kreuzartigen Form um eine zentrale Leere den Grundriss des M+ auf. Erweitert werden die Werke von Duchamp und Cage durch Yoko Onos ‘Painting to Hammer a Nail In‘ von 1961 und Nam June Paiks ‘Wurzel aus‘ von 1961. Auch für den Nachbarraum, der mit seinem Interieur aus Bambus der schönste Raum des M+ ist, wurde die bereits benutzte Kreuzform benutzt, um die Werke geschickt in eine Konstellation zu bringen. Hier treffen einige der unter dem Titel ‘OROXXO‘ 2017 von Gabriel Orozco dekorierten Lebensmittelverpackungen auf Rirkit Tiravanijas ‘We can travel to the sun when it is setting‘ von 2013 oder die selten gezeigte Arbeit ‘Hammer and Sickle‘ von Andy Warhol aus dem Jahr 1977 wird mit dem rein weissen Schachspiel ‘Play It by Trust‘ (1966) von Yoko Ono konfrontiert.

Ein besonderes Erlebnis, welches die Herzen aller Registrare und Archivare höherschlagen lässt, bietet The Cabinet. Hier wurden rund 200 Kunstwerke thematisch gruppiert und an 40 großen Hängeflächen montiert, die sich per Screen oder eigenem mobilem Gerät ansteuern lassen. Die ausgewählte Wand wird mittels eines automatisierten Hängesystems nach vorne gebracht. Als clevere Erweiterung zu den kurzen Informationen über das Gezeigte, erlaubt eine interaktive Anwendung, welche mit Assoziationen spielt, einen vertiefenden Zugang. Hierfür, wie auch für die hilfreiche Anleitung ‘Ten Ways of Seeing‘, ist das Team unter der Leitung von Stella Fong (Lead Curator, Learning and Interpretation) verantwortlich.

Immer wieder öffnen sich die Räume des M+ nach außen hin und bieten spektakuläre Aussichten auf die Skyline von Hong Kong oder den Containerhafen. Dies geschieht auch in der M+ Lounge, die sich im 11. Stock befindet und die ‘Living Collection‘ des Sammlerpaars William und Lavina Lim beherbergt. Hier finden sich neben Werken zeitgenössischer Kunstschaffender aus Hong Kong wie Nicole Wong, Nadim Abbas, Lee Kit, MAP Office oder Heman Chong auch ein herrlicher Rettungsring von Lawrence Weiner, der die Zeilen ‘Put Aside or Put Away‘ (2007) enthält. M+ Lounge ist ein exklusiver Aufenthaltsort, der nur für M+ Members und M+ Patrons zugänglich ist und neben kulinarischen Genüssen den Gedankenaustausch über Kunst ermöglichen soll. Diesem Konzept des Sehens und Gesehen- Werdens entspricht gewissermaßen auch die große Treppe, die zum Dachgarten führt, die allerdings für alle zugänglich ist. So sind es nicht nur die reichhaltigen Sammlungen, die einen Besuch lohnend machen, sondern das M+ selbst ist seit dem Tage der Eröffnung auf dem besten Wege zu einer Ikone der visuellen Kultur Asiens zu werden. Ein Besuch lohnt sich also. Wären da nur die derzeitigen Mühen des mehrwöchigen Aufenthaltes in einem Quarantäne-Hotel nicht, die jeder auf sich nehmen muss, der nach Hong Kong hinein will.

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M+
West Kowloon Cultural District
38 Museum drive
Kowloon, Hong Kong
www.mplus.org.hk

Mehr Texte von Harald Krämer

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