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Timm Ulrichs - Im Rahmen: Was das ganze Theater soll

Was haben Leonardo da Vincis Mona Lisa, Vermeers Dienstmagd mit Milchkrug oder Andy Warhols Marilyn gemeinsam? Sie und viele weitere Kunstwerke stehen für die Kunst- und Kulturbeflissenheit, mit der sich einst eine schmuddelige Industrie schmücken wollte. Kunst kommt in Pornofilmen und -Heften überraschend oft vor – nur bemerkt man(n) es meist nicht, liegt doch der Fokus der Publikationen und Filme ganz woanders. Timm Ulrichs hat die Kunst wieder ins Zentrum gerückt, die Bildausschnitte so gewählt, dass da und dort vielleicht noch ein Bein oder eine entblößte Brust ins Bild ragt, der ursprüngliche Zweck der Erregung aber ausgeblendet bleibt.

Die 1978 begonnene Serie „Kunst und Leben“ ist aktuell in der Galerie Untitled Projects zu sehen. Es ist, man glaubt es kaum, die erste Einzelausstellung des selbsternannten „Totalkünstlers“ Timm Ulrichs in Österreich. 60 Jahre nachdem sich der Künstler zum ersten lebenden Kunstwerk erklärt hatte und der Gründung seiner „Werbezentrale für Totalkunst & Banalismsus“ ist Ulrichs nun endlich in Wien angekommen, der Stadt in der der Schmäh das Leben erträglicher macht. Eigentlich passt Ulrichs nicht hierher, denn auch wenn einem beim Betrachten vieler seiner Werke ein Lächeln der Erkenntnis über das Gesicht huscht, meint der Künstler es immer ernst, sehr ernst sogar. Timm Ulrichs kommentiert vor allem den Kunstbetrieb gerne mit bissigem Humor, wie in „Zwei schwarze Schafe“ in dem das sprichwörtliche schwarze Schaf einem weißen Schaf (Ulrichs?) in einer Herde schwarzer Schafe gegenübergestellt wird.

Oft sind es Buchstäblichkeiten die der „Ideenkünstler“ zu Kunstwerken werden lässt, wie ein Stuhl der nicht mehr zum Sitzen taugt weil er selbst sitzt. Aus der Profilansicht des Künstlers wird ein Holzrahmen gefräst der ein weißes Bild umgibt („Ich: im Rahmen“, 1969/96) und das Zufällige, Kasuale wird mit dem Kausalen mittels Pflasterstein-Würfel verknüpft. Nachdem das Publikum der Ausstellung gewogen wurde, darf es am Ende der Galerie in einer Sitzgruppe Platz nehmen und Teil einer Inszenierung werden, die wiederum gut ganz ohne Publikum auskommen kann, denn hier entspinnt sich ein Mikrodrama, dessen Protagonisten in Form von zwei Stehlampen die Geschichte einer unmöglichen Beziehung im Morsealphabet erzählen.

Was das ganze Theater um die Kunst soll, hat Timm Ulrichs schon 1966 in seinem Manifest „Ich als Kunstfigur“ beschrieben. „kunst ist, was ich bin!“ konstatiert Ulrichs da in seiner nonchalanten Egozentrik, an der sich bis heute nichts geändert hat. Gedruckt wurde das Manifest übrigens 1969 in Wien und es ist gut, dass Ulrichs der Stadt wieder einmal die Ehre gibt.

Mehr Texte von Werner Remm

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Timm Ulrichs - Im Rahmen
04.09 - 21.11.2021

untitled projects
1040 Wien, Schleifmühlgasse 3
Tel: +43660 4714003
Email: office@untitled-projects.at
https://untitled-projects.at/
Öffnungszeiten: Di-Fr 11-18, Sa 12-16 h


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