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Pamela Rosenkranz - House of Meme: Immersives Ausstellungsgebäude

Gleich beim Betreten des Kunsthaus Bregenz ist man im Erdgeschoss mit einem riesigen Aufbau an Amazon-Versand-Schachteln konfrontiert. Das ist aber keineswegs eine Palette, die man vor einer der immer unter Hochdruck vorbereiteten Kunstausstellungen noch nicht weggeräumt hat, sondern Teil der Ausstellung, ein Objekt trouvé, das die quasi unendliche Marktmacht von Amazon veranschaulichen soll. Gleichzeitig zählt Alexa, die künstliche Intelligenz Marke Amazon, von morgens bis abends im Ausstellungsraum alle Produkte auf, die bei Amazon geshoppt werden können. Ein Unterfangen, das jeden Tag bei „A“ beginnt und nicht einmal zum Buchstaben „B“ gelangt, weil die Angebotsfülle so gewaltig ist wie der Amazonas in Südamerika. Natürlich ist in der künstlerischen Brechung Ironie im Spiel, das Kunsthaus wird ja durch den Ausstellungstitel „House of Meme“ quasi zum analogen Außenraum des Internet. Auch die pinken Bilder, die auf lizenzfreien Urwald-Fotos einer Fotodatenbank gemalt sind, spielen mit ihrer Herkunft aus dem Internet. Erkennbare Hashtags und Wasserzeichen weisen darauf hin, sogar in der Pupille eines gemalten Auges findet sich der Schriftzug „Adobe Stock“. Gleichzeitig sind die Fotos so zugemalt, dass man an Jackson Pollock und seine Allover-Dripping-Bilder denkt. Im Pressegespräch sieht Direktor Thomas Trummer im bogenförmigen Logo von Amazon auch einen erigierten Penis, was Pamela Rosenkranz postwendend platt findet, überhaupt scheint sie sich auch von der „Virilität expressiver Malerei“ distanzieren zu wollen.

Im ersten Stock hängen blaue Screens in Tropfenform wie Bilder an der Wand. Die Assoziation mit einer Kathedrale in Blau bezieht sich auf eine nicht realisierte Stufe im Schaffensprozess. Rosenkranz hätte gern das gesamte Haus von außen blau illuminiert, wie das etwa Keith Sonnier zur Jahrtausendwende an der Kunsthausfassade realisiert hat. Statt Gotik, bezieht sich Rosenkranz auf ein Fantasieschloss in einem Disneyland-Märchen in dem ein Mädchen mit seiner Zauberkraft, analog wie die Künstlerin, die Welt verzaubern kann. Jedenfalls hat sich Rosenkranz intensiv mit Yves Klein beschäftigt, der sein Blau bekanntermaßen patentieren ließ. Ihre Farbanalysen sind überdies jenen der Spätimpressionisten vergleichbar.

Der zweite Stock ist sicher der packendste Raum der Ausstellung. Wieder sind es blaue Screens - diesmal in umgekehrter Form - vor allem aber der Geruch nach einem verbrannten Gebäude mit dem Pamela Rosenkranz an die Arbeit „Our Product“ von 2015 auf der Biennale in Venedig anschließt. Die Schweizerin arbeitet mit Gerüchen wie der Allzeitkunstheiler Joseph Beuys und erzeugt kombiniert mit den umgekehrten Tropfen, die wie blaue Drachenzähne an der Wand hängen und sich im blanken Betonboden des Zumthor-Baus spiegeln, im Halbdunkeln einen immersiven Effekt in den Einzutauchen Einkehr bei sich selbst und dem Anderen in uns möglich macht. Das Gespür der Menschheit für die Farbe Blau lokalisiert Rosenkranz dabei bei unseren Vor-Vorfahren, als wir haifischartig im Ur-Meer schwommen und unser sich bildendes Auge zuerst den Farbton Blau mit etwas Grün erfassen musste.

Im dritten Stock des Kunsthauses findet sich eine künstliche Schlange am Boden. Ihre naturnahe Bewegung und die Muster auf der Haut aktivieren unwillkürlich Verhaltensmuster, um sich vor der Gefahr die von der Schlange ausgeht zu schützen. Diese Schlange reizt evolutionsbiologische Muster aus. Die natürlich aussehende Haut etwa hat Pamela Rosenkranz mit einem Forscher von der ETH-Zürich entwickelt. Natürlichkeit und Künstlichkeit verschwimmen vor genetisch programmierten Verhaltensmustern.

Mehr Texte von Wolfgang Ölz

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Pamela Rosenkranz - House of Meme
17.04 - 04.07.2021

Kunsthaus Bregenz
6900 Bregenz, Karl Tizian Platz
Tel: +43 5574 48 594-0, Fax: +43 5574 48 594-8
Email: kub@kunsthaus-bregenz.at
http://www.kunsthaus-bregenz.at
Öffnungszeiten: Di-So 10-18, Do 10-20 Uhr


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