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Spiel mir das Lied vom Lot

Zum Einstieg Morricone. Der berühmte mundharmonikale Vierklang, der Charles Bronson und Henry Fonda durch die Steppe, die Trockenheit und die Hitze begleitet, er mochte nicht unbedingt zu dem Gestrickten und Gewalkten und auf jeden Fall sehr Wintertauglichen passen, mit dem Junya Watanabe auf die kommende Jahreszeit und Tragbarkeit einstimmte. Doch womöglich war die Musik zur Mode auf die höhere Weise, die wichtig ist, um im Kulturbetrieb zu reüssieren, dann doch wieder ungeheuer stimmig. Watanabe wurde gegeben und Rei Kawakubo alias Comme des Garcons, seine Lehrerin und Mentorin. Was sich in der perfekten Laufsteg-Länglichkeit des Quartiers 21 entfaltete, war dann eine Art Spiel mir das Lied vom Lot. Comme des Garcons, um 1981 zum Weltwunder aufgestiegen, ist die Wolle und Garn gewordene Denkstruktur, die ebenfalls um 1981 zum Weltwunder aufstieg. Kleider von Comme des Garcons sind exakt jener Überschuss an Möglichkeiten und jener Aufschub an Lösungen, auf die die Dekonstruktion gepolt ist. Eben unauslotbar. So gibt es immer wieder Fäden zuviel und Symmetrien zuwenig, an denen die unendliche Sinndifferenz hängt. Und das auch noch nach mehr als zwanzig Jahren. Entsprechend ist Comme des Garcons nach wie vor aufregend. Watanabe liefert dann die Populärversion dazu, die nötig ist, um der Welt auch noch zu gefallen. Comme des Garcons ist verwegen, manchmal auch prätentiös, rafft und zerrt an den Stoffen, dass sie am Körper hängen wie Neugeborene im Tragsack, und wenn um die Augen der Models, die im Gegensatz zu letztem Jahr, als Yamamoto den Schneider abgab, im Großen und Ganzen diesmal vom Fach kamen, dunkle Ringe gelegt sind, dann ist dieser Heroinlook gern auch einmal affig. Watanabe ist dafür stimmig, macht erst und gerade im Ensemble auf hochkonzentiert und gestaltet im Gegenzug die Einzelstücke so, dass man damit problemlos auch die Christmette in Mariazell überleben würde. Ein richtiger Event ist die Modenschau geworden, in der das Museumsquartier einmal im Jahr die Pariser Couture nach Wien bringt. Und die Kulturellen kommen zuhauf. Dass sie zum Publikum gehören und nicht zu den Vorführenden, erkennt man an ihrer Kleidung. Nur noch die Szene trägt Schwarz.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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