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Andreas Mühe - Ich kenn Dich auch vom Ansehen nicht: So ist es nie gewesen

In den vergangenen Jahren von der Galerie Ebensperger bespielt, öffnet nun die ehemalige Fertigungshalle für Elektrogeräte ihre großen Tore um den Fotoporträts und den Skulpturen von Andreas Mühe Raum zu geben. Auf einer mit Samt ausgelegten Treppe betritt man die offene Halle wie eine Bühne, neben den riesigen Fotografien fließen Vorhangbahnen zu Boden.

Der 1979 in Karl-Marx-Stadt geborene künstlerische Autodidakt Andreas Mühe ist der Sohn des 2007 gestorbenen Schauspielers Ulrich Mühe und dessen erster Frau Annegret Hahn. Letztere war bis 2012 Intendantin des Thalia Theaters in Halle an der Saale. In seinen großformatigen Fotoporträts bildet Mühe in der Tradition des holländischen Gruppenporträts des 16. Jahrhunderts Teile seiner Familie ab. Einmal ist es die mütterliche Familie Hahn, ein weiteres Mal die väterliche Familie Mühe, die mit allen Insignien des bürgerlichen Lebens – Standuhr, Christbaum, Luster – ausgestattet ist. Der düstere Moment dieser Arbeiten liegt nicht nur in der gedämpften Farbigkeit dieser Porträts sondern auch darin, dass Mühe lebensgroße Puppen nach den verstorbenen Familienmitgliedern anfertigen ließ. Diese stellte er den lebenden Mitgliedern zur Seite. So lässt sich auf den ersten Blick nicht erkennen welche Figur lebt und welche nicht. Die Puppen wurden bei Madame Tussaud´s gefertigt und in der Ausstellung finden sich vereinzelte Fotografien von den Entstehungsstadien einzelner Puppen.

Bei dem väterlichen Gruppenporträt „Mühe 2016-2019“ ist in der Mitte Vater Ulrich Mühe zu sehen, daneben seine dritte Frau Susanne Lothar, gestorben 2012 und rechter Hand seine zweite Frau Jennifer Gröllmann, gestorben 2006, ebenfalls als Wachsfigur zu sehen. Um das „Triumvirat der Toten“ gruppiert sich der Rest der gemeinsamen Familie.

An die übermächtigen toten Familienmitglieder und deren Verlust, wird auf eine sehr gruselige Art und Weise erinnert. Das Abbilden der Toten und wortwörtliche Hantieren mit ihnen in Form der Wachspuppen, ist ein äußerst haptischer Versuch des Vergegenwärtigens. Erinnerung wird förmlich greifbar und durch die Rekonstruktion sichtbar gemacht.

Mühe lässt von den Wachspuppen auch Porzellanköpfe anfertigen, die teilweise in der Ausstellung zu sehen sind. Auch Arme von Protagonisten in weißem Porzellan reihen sich aneinander. Die modellierten Köpfe stehen in der Tradition abendländischer Porträtköpfe und erinnern in ihrer Materialität auch an Totenmasken.

Schreitet man die Stufen von der offenen Halle herab so ist man etwas verstört von der Intensität mit der Andreas Mühe seine künstlerischen Paraphrase zum Tode seiner Familienmitglieder gestaltet. Auch das Mittel der Fotografie, das mit seinem „Momentum“ das erstarrte Leben abbildet unterstreicht diese Tendenz von Andreas Mühe. Der Künstler scheint damit die Enden dieses dramatischen Familienknäuels in der Hand behalten zu wollen.

Mehr Texte von Susanne Rohringer

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Andreas Mühe - Ich kenn Dich auch vom Ansehen nicht
25.07 - 29.08.2020

Elektrohalle Rhomberg
5020 Salzburg, Samergasse 28b
Tel: +43 662 276441
Email: office@elektrohalle-rhomberg.net
http://elektrohalle-rhomberg.net/
Öffnungszeiten: Di-Sa 12-18h


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