Multiple Singularities: Aufmarschplatz der Ideologien
Passend zum Ende des Lockdown und der Ausgangsbeschränkungen eröffnet die Ausstellung Multiple Singularities einen Blick auf das Spannungsfeld zwischen der Freiheit des Individuums im öffentlichen Raum und den subtilen Steuerungsmechanismen mit denen dieser Raum sowohl ideologisch als auch physisch durch Herrschaftssysteme strukturiert wird.
Die historische Dimension der Kombination von Ideologie und Architektur zeigt Vasilena Gankovska anhand ihrer Zeichnungen von Kinobauten aus Moskau. Sie dienten in den weitläufigen Wohnanlagen als sozialer Treffpunkt und waren Zentren der staatlichen Propaganda. Soferne überhaupt noch vorhanden, dienen sie heute oft als Supermärkte und haben ihre politische Funktion zugunsten der kapitalistischen Konsumwelt eingebüßt. Ähnlich ergeht es den Arbeiterdarstellungen auf Wiener Gemeindebauten, die Martina Z. Šimkovičová in ihrem Video „Laborwave“ auf ihren verbliebenen Symbolwert hin untersucht. Wie Stadtmöblierung die individuellen Freiheiten - z.B. von Obdachlosen - einschränkt, thematisiert Anastasiya Yarovenko mit ihrem Forschungsprojekt „for humans by humans“. Ihre Sitzgelegenheiten sind jedoch nur auf den ersten Blick abweisend und erweisen sich in der intendierten Benutzung als flexibel und einladend.
Unzählige Gewächse sprießen aus den Betonritzen und Asphaltecken der Stadt. Diese Störung des von der Obrigkeit sorgsam strukturierten öffentlichen Raumes hat Jelena Micić in den Ausstellungsraum verpflanzt. Ihre Installation „Homeless/Homey“ spricht damit nicht nur soziale und migrantische Themen an, sondern kann auch als Manifest für eine aus der Gesellschaft heraus entwickelte Veränderung, im Sinne der Grassroots-Bewegung gelesen werden. Im Gegensatz dazu wird der öffentliche Raum gerne zur Manifestation der herrschenden Ideologie genutzt. Eine spezielle Rolle dabei spielen Umzüge wie die Rose Parade in Pasadena, Kaifornien, die im Zentrum der Arbeit von Ting-Jung Chen steht. Die seit dem Jahr 1890 am 1. Januar abgehaltene Veranstaltung ist heute eine durchkommerzialisierte Megashow und ist Versinnbildlichung eines längst nicht mehr realistischen „American Dream“. Ekaterina Shapiro-Obermair schließlich, setzt sich in ihrer Installation „Das Eis schmilzt an. Überblick“ mit der Symbolik auseinander, mit denen sich die Herrschenden in den öffentlichen Raum einschreiben.
Die Ausstellung Multiple Singularities erhält vor dem Hintergrund der Proteste und Ausschreitungen in den USA rund um die Ermordung des Schwarzen George Floyd durch Polizeikräfte noch eine zusätzliche Dimension, die den Stadtraum als Aufmarschplatz revolutionärer Ideen und ihrer Protagonist*innen in den Blick rückt.
02.06 - 06.09.2020
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1010 Wien, Eschenbachgasse 11 | Ecke Getreidemarkt
Tel: +43 1 58816 1307
Email: so.huber@akbild.ac.at
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Öffnungszeiten: Di–Fr 11.00–18.00 Uhr
Sa 11.00–15.00 Uhr