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BRAFA - Brussels Antiques and Fine Art Fair: Brückenschlag zwischen Alt und Neu

Schön bunt oder Schwarzweiß. Das scheinen bei der Brafa in Brüssel die beiden Optionen für Kunst und Design jenseits der klassischen Sparten wie Alte Meister und Kunsthandwerk zu sein. Wenn im ehemaligen Postbahnhof Thurn & Taxis rund 130 Händler Station machen, sind immer rund ein Dutzend Aussteller dabei, die sich auf Stammeskunst spezialisiert haben und zuverlässig die herausragende Position des Marktplatzes auf ihrem Gebiet unter Beweis stellen. So auch in diesem Jahr. Für die meisten anderen Abteilungen gilt Ähnliches.

Für Peter Osborne von Osborne Samuel hat Brüssel einen Standortvorteil: Man ist in zwei Stunden aus London hier. Mit dem Zug. Für Sammler, die sich zum Beispiel auf die von ihm vertretene britische Nachkriegskunst spezialisiert hätten, wäre es ohne weiteres möglich, mit dem Eurostar herzukommen, die für sie interessanten Stände zu besuchen und am selben Tag wieder zurück zu fahren. Da ist etwas dran. Brüssel ist in maximal zwei Stunden von Paris, London, Amsterdam und dem Rheinland aus zu erreichen, und die Brafa spannt sich über alle Sparten von der Antike bis zur zeitgenössischen Kunst.

Händler aus dem deutschsprachigen Raum tun sich nach wie vor erstaunlich schwer hier. Aktuell ist aus Österreich niemand dabei und es sind lediglich vier Deutsche vertreten. Eigentlich sogar nur dreieinhalb, da die Antikenhändlerin Antonia Eberwein von der deutschen Gesetzgebung nach Paris getrieben wurde. Überzeugt hat seine Erstteilnahme letztes Jahr den Porzellan-Spezialisten Röbbig aus München. Inhaber Alfredo Reyes hat letztes Jahr nach eigener Aussage an einen Mix aus belgischen, französischen und sogar deutschen Kunden verkauft. Man dürfe halt keinen Probestand mit nicht ganz so hochklassiger Ware machen, sondern müsse sich schon engagieren, um hier erfolgreich zu sein, erklärt er. Andererseits könne man in Brüssel auch Dinge anbieten, die für Einsteiger attraktiv seien, die man dann während ihrer Sammlerlaufbahn begleiten könne. Auf der Tefaf im Maastricht ist tatsächlich eher Museumsqualität gefragt, weil dort viele Kurator*innen mit ihren Patrons einfliegen. Porzellan sei außerdem eine der wenigen Sparten der Kunst des 18. Jahrhunderts, die immer noch aktuell sei.

Aktualität scheint denn auch ein Erfolgsgeheimnis der Brafa zu sein. Ihr gelingt der Brückenschlag zwischen Altem und Neuem. Über alle Zweifel erhaben ist etwa der Nationalheld James Enso. Eine beeindruckende Schau präsentiert die Galerie Vanhoegaerden aus dem belgischen Knokke, mit ausschließlich Zeichnungen und Gemälde des Künstlers, mit Preisen bis 700.000 Euro. Doch auch Comics gehören in Belgien schon lange zum Guten Ton und sind fester Bestandteil der Brafa. Noch weiter in die Populärkultur reicht das Angebot des Theatum Mundi aus Arezzo, das sich selbst als "XXI Century Wunderkammer" beschreibt. Kerngeschäft seien eigentlich Dinosaurierskelette erklärt Luca Cableri. Die seien bei Hollywood-Schauspielern sehr beliebt, erzählt er und zeigt auch gleich das Foto eines T Rex in situ. 10 Millionen kostet so ein Teil. Die Objekte, die die Italiener von ihren Hollywood-Touren mitbringen, sind ebenfalls Hingucker. Ein originales Hemd des Terminator-Bösewichts T-1000 (35.000 Euro) aus dem zweiten Teil der Reihe überrascht durch seine analoge Tricktechnik. Denn entgegen der weitverbreiteten Auffassung war in dem 90er Jahre-Spektakel vieles nicht digital, auch nicht Einschusslächer in dem flüssigen Metall, aus dem der Fim-Androide bestand. Auch die Klauen von Wolverine (70.000 Euro) sind nicht aus dem fiktiven Metall Adamantium, sondern aus Gießharz. Das begeistert sogar den Doyen der Wunderkammerhändlerzunft Georg Laue, der zur Vernissage prompt am Stand auftaucht und zugeben muss, dass Brüssel mit seinen offeneren Zulassungsregeln ein Alleinstellungsmerkmal hat.

Die Qualität der Offerte in den älteren Sparten ist durchweg hoch und wird von einer Jury aus (nicht ausstellenden) Händlern, Museumsleuten und unabhängigen Experten geprüft. Hier wie anderswo versagen jedoch die traditionellen Instrumente einer Kunst- und Antiquitätenmesse, je weiter es in Richtung Zeitgenossenschaft geht. Denn ob ein Kunstwerk echt ist, restauriert wurde oder eine gültige Exportlizenz besitzt, spielt bei zeitgenössischer Kunst bestenfalls eine untergeordnete Rolle. Und so bleibt es den Ausstellern selbst überlassen, was sie der Messe würdig erachten. Im internationalen Kunstkontext kann die so ausgewählte Kunst nicht immer bestehen. Doch es gibt erfreuliche Ausnahmen und Entdeckungen. So hat Whitford Fine Art aus London den 1970 mit nur 51 Jahren verstorbenen Siegener Künstler Reinhold Koehler wiederentdeckt, dessen seit Kriegsende entwickelten Decollagen hinter Glas einen ganz eigenen Weg beschreiten. Kálmán Makláry aus Budapest präsentiert zwischen vielem allzu Buntem aktueller Produktion fast monochrome Arbeiten der 96-jährigen Judit Reigl, die in den frühen 50er Jahren in engem Austausch mit den Vertretern der Lyrischen Abstraktion in Frankreich oder den amerikanischen Abstrakten Expressionisten stand.

In Brüssel scheint er gut zu funktionieren, der Stil-Mix zwischen Alt und Neu, während sich Messen mit ähnlichem Angebot in Paris, Köln oder München schwertun.

Mehr Texte von Stefan Kobel

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BRAFA - Brussels Antiques and Fine Art Fair
23.01 - 02.02.2020

Tour & Taxis
1000 Bruxelles, avenue du Port 86 C/ B
http://www.brafa.art
Öffnungszeiten: 11 - 19h


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