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Innovative Satelliten

So viel Neuerung war selten im Umfeld der Art Basel! Die beste Nachricht vorweg: Es gab keine Scope in diesem Jahr. Der Jahrmarkt für Kunstähnliches fiel heuer aus ungenannten Gründen aus. Für 2020 werden auf der Internetseite der Messe zwar Bewerbungen entgegengenommen, doch besteht Hoffnung, dass der Markt ein Einsehen hat und ihr ein stilles Ende bereitet. 

Viel wichtiger ist die überfällige Erneuerung der Liste, mit der die ehemalige Berliner Galeristin Joanna Kamm ihr Debüt bestreitet. Die schon immer etwas muffig und verrumpelt wirkende Architektur wurde aufgebrochen, es gibt wieder Fenster und Durchgänge, die bisher hinter Kojenwänden verschwunden waren, das Zelt wirkt aufgeräumter und luftiger. 

Vor allem aber: Viele Dauergäste haben einer jungen Generation Platz machen müssen. Einige davon sind echte Entdeckungen aus Ländern, die bisher kaum jemand auf dem Schirm hatte. In die häufig angestimmte Klage über mangelnden Galerie-Nachwuchs möchte Kamm nicht einfallen: "Es gibt sehr wohl sehr viele und sehr gute neue Galerien, aber die kommen eben nicht mehr unbedingt aus den gewohnten Kunstmetropolen." Gerade durch die zunehmende Globalisierung oder Fragmentierung, sei es jedoch wichtig, dass es bestimmte Orte gebe, an denen Austausch dann auch real stattfinde. Idealerweise eben Basel.
Von entscheidender Bedeutung ist für sie dabei der Innovationscharakter ihrer eigenen Veranstaltung: "Es ist für uns ganz wichtig, dass wir Galerien haben, für die die Liste die erste Messe überhaupt ist, dass man eben nicht wartet, wie die sich entwickelt, sondern dass man als Messe auch ein Risiko eingeht." Solch Mut ist selten geworden in der Kunstwelt, und er wird von Besuchern wie Ausstellern honoriert.

Vom unfreiwilligen Abschied einiger Liste-Aussteller profitiert ein Neuling: Ganz hip ist die kleine von Galeristen selbst aufgesetzte Off-Messe June mit gerade einmal 13 Teilnehmern. Direkt neben dem Areal der Basel, in den ehemaligen Galerieräumen von Freymond-Guth Fine Arts gelegen, versammelt sie einen heterogenen Mix junger und etablierter Galerien, die jeweils nur eine oder zwei Positionen zeigen.

Fast schon zum Inventar der Basler Messelandschaft gehört die Photo Basel im Volkshaus. Sie hat in diesem Jahr einen deutlichen Entwicklungsschub gemacht. Vintage-Fotografie aus der zweiten Reihe in fragwürdigen zeitgenössischen Editionen sucht man inzwischen vergeblich. Stattdessen ist viel anschlussfähige zeitgenössische Foto-Kunst zu sehen. Robert Springer aus Berlin freut sich: „Wenn Du als Besucher hier rausgehst, kannst Du problemlos ein paar gute Arbeiten unter dem Arm haben.“

Quasi am anderen Ende der Straße gelegen, kurz vor der französischen Grenze, hat die Volta schon letztes Jahr eine neue Heimstatt gefunden. Die Veteranin unter den Satellitenmessen vereint neben jüngeren Galerien auch etablierte Kollegen wie Anhava aus Helsinki und Hilger aus Wien unter dem Dach einer Industriehalle. Trotz der für Basel etwas abseitigen Lage – man braucht immerhin eine Viertelstunde von der Muttermesse hierher – war der Andrang zur Vernissage am Montag mit 5.000 Besuchern enorm.

Zwischen Photo Basel und Volta lohnt es sich, einen Zwischenstopp bei der Paper Positions einzulegen. Die jüngste Schwester der Berliner und Münchener Messe hat mit der letzten Heim- und Werkstatt Dieter Roths in einer ehemaligen Druckerei einen kongenialen Ort gefunden, um in lockerer Atmosphäre knapp 30 auf das Medium Papier spezialisierte Aussteller zu versammeln.

Während Miami jenseits der Art Basel wohl auf ewig ein riesiger Zoo bleiben wird, scheinen in der Schweiz die Satelliten ihre Marktsegmente gefunden zu haben und erfolgreich zu pflegen. Wenn bürgerliche Sammler auf der Art Basel selbst nicht mehr zufriedenstellend bedient werden, hat die Stadt mit ihren zahlreichen Alternativen wohl für jeden etwas zu bieten.

Mehr Texte von Stefan Kobel

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