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Österreichische Keramik 1920er-1950er

Zeitgenössische Polemiker nannte sie "Weiberkunst der Hofratstöchter": Die Keramikerinnen der Wiener Werkstätten (WW) trugen mit ihren originellen Arbeiten maßgeblich zum Ruhm des Wiener Kunstgewerbes bei. Sie bestückten internationalen Ausstellungen, wurden in zahlreichen Publikationen besprochen und galten - wie die Wiener Werkstätten - als Inbegriff des modernen, immer ein wenig seiner Zeit vorauseilenden Wiener Geschmacks. Ihre bunten, von Heiterkeit bestimmten Arbeiten leiteten die endgültige Abkehr des Purismus der Jahrhundertwende ein. Trotzdem sie zur international beachteten Avantgarde zählten, gelang es lediglich einer kleinen Zahl von Kunsthandwerkerinnen aus der Anonymität hervorzutreten - unter ihnen Vally Wieselthier, Reni Schaschl, Susi Singer, Dina Kuhn, Kitty Rix sowie Gudrun Baudisch. Geschichte & Markt 1917 eröffnete Dagobert Peche (WW) die Künstlerwerkstätten. Sie galten als Versuchslabors, in denen die Künstlerinnen und ehemaligen Abgänger der renommierten "Kunstgewerbeschule" unter Kolo Moser und Josef Hoffmann, ohne Erfolgszwang experimentieren konnten; Honorar gab es jedoch nur für gelungene Arbeiten. Der freie künstlerische Ausdruck der Keramikerinnen unterschied sich wesentlich von den exakt modellierten Löffler-Powolny-Modellen. Maßgeblicher und zugleich wesentlicher Gestaltungsträger war die Glasur; Nicht die makellose Glätte war gefragt sondern die durch Verrinnen, geplatzte Farbbläschen und unscharfe Grenzen erzielte Spontaneität. Der Symbiose aus Handwerk und künstlerischem Anspruch verschrieb sich die zweifellos bekannteste Keramikerin Vally Wieselthier. Sie kam 1917 zu den Wiener Werkstätten und belieferte jene in den folgenden Jahren mit Original wie Serienkeramiken. Ihre Arbeiten erzielen im Vergleich zu jenen der Kolleginnen Höchstpreise. In den vergangenen Jahren erlebte dieser Sektor angewandter Kunst einen Boom, was steigende Preise zur Folge hat. Derzeit ist ein Einstieg in dieses Sammelgebiet nur mit einem zünftigen Budget machbar. Etwas günstiger sind kleinere Arbeiten von Kitty Rix veranschlagt oder solche, welche die genannten Künstlerinnen nicht über die Wiener Werkstätte, sondern in den eigenen Ateliers ausführten. Dem Keramik-Trend der frühen 20er Jahre schlossen sich schnell andere Künstler an bzw. bedienten bereits bestehende Firmen die steigende Nachfrage. Die Firma Goldscheider sei hier ebenso angeführt wie jene von Walter Bosse. Er bildete mit seinen drolligen Tier- wie Fabelfiguren, Grotesken und andere lustige Buntheiten den humorvollen Gegenpol zu den avantgardistischen Lösungen der Wiener Keramikerinnen. Seit dem Erscheinen eines Bosse-Buches 2001 sind aber auch die Preise gestiegen - zumindest die Schätzwerte in Auktionshäusern, die allerdings nur selten zur oberen Taxe oder darüber zugeschlagen werden. Schnäppchen noch möglich! In jedem Fall sei für dieses Sammelgebiet das Studieren von Literatur empfohlen. Denn je mehr Informationen man besitzt, desto eher kann man hier noch das eine oder andere Schnäppchen ergattern. Dies bedingt natürlich auch die entsprechende Aufarbeitung des Themenbereiches, wie ein Beispiel belegt: Mit dem in der Arnoldschen Verlagsanstalt erschienenen Buch "50er Jahre Wandmasken - Schönheit und Exotik" entlockte man nicht nur jene Design-Relikte der Anonymität sondern dokumentiert erstmals wissenschaftlich die wichtigsten Künstler, Firmen und - für Sammler besonders wichtig - alle Modellnummern. Die Anzahl der produzierenden Firmen war für dieses Segment in den 50er und 60er Jahren massiv gestiegen: Tomasch, Carli Bauer, Keramos oder Anzengruber-, Steffl- und Gmundner Keramik seien hier zu erwähnen. Die Preise differieren heute je nach Ausführung, Aufwand und Seltenheit zwischen 70 und 700 Euro. Die Wandmasken von Goebel-Bieber bestehen etwa durchwegs aus Ton und haben keine glänzende sondern Mattglasur (200-380); in Deutschland schuf man dann Nischenprodukte wie Masken, der Augenmerk auf der Frisur lag. Bubikopf und Rossschweif lockten dann aus den Auslagen von Frisören (70-150). Die Firma Anzengruber Keramik spezialisierte sich auf asiatische und südamerikanische Masken und die berühmten Lampenfiguren, die etwa als Pärchen schon für 300 Euro zu haben sind. Auktionshäuser & Handel Keramik allgemein: Dorotheum www.dorotheum.com WW-Keramiken: "im Kinsky" www.palais-kinsky.com WW-Keramiken: Galerie bei der Albertina: www.galerie-albertina.at Keramiken von Walter Bosse: Galerie Kovacek & Zetter: www.kovacek-zetter.at 50er & 60er Jahre Keramik: Lichterloh der Wohnverstärker: www.lichterloh.com
Mehr Texte von Olga Kronsteiner

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