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Art Basel Hong Kong: Unerwartete Begegnungen auf der Art Basel Hong Kong 2018

An der mittlerweile bereits 6. Art Basel Hong Kong nahmen 248 Galerien teil. Neben dem üblichen Rahmenprogramm wurden wiederum mit den 'Encounters' Installationen und grössere Skulpturen von 12 KünstlerInnen präsentiert, von denen die durch Lehmann Maupin, Thaddaeus Ropac und König Galerie bereitgestellten 'One Minute Sculptures' von Erwin Wurm sich beim Publikum besonderer Aufmerksamkeit erfreuten. Auch die Idee des 'Kabinetts', durch die Galerien 30 künstlerische Einzelpositionen hervorheben konnten, hat sich bewährt und hielt einige Überraschungen bereit. Darunter die viel zu selten gezeigten Werke des Kubaners Wilfredo Lam bei der Galerie Gmurzynska, einige eindrückliche Skulpturen des italienischen Künstlers Fausto Melotti bei Mazzoleni oder die herrlich-skurrilen Landschaften von Frank Walter, der im letzten Jahr auf der Biennale Venedig zu sehen war, und nun durch die Ingleby Gallery Edinburgh in Form eines Kabinetts präsentiert wurde.

Besucht man eine Kunstmesse wie die Art Basel, so gibt es verschiedene Gründe hierfür und neben der Passion die Sammlung zu erweitern, sich als KünstlerIn in Szene zu setzen oder sich einfach nur ein Bad in der Menge zu gönnen, bietet die reichhaltige Vielfalt auch die Möglichkeit Entdeckungen zu machen, die aus Sicht eines Kurators zu neuen Ausstellungsideen führen können. Da sich über die Tage vom Moment der Voreröffnung bis zum Schliesstag die Präsentationen der Werke in den einzelnen Kojen kontinuierlich verändern - die Messe sozusagen als Prozess in Permanenz wahrgenommen werden sollte - tauchen immer mal wieder unerwartete Begegnungen auf von denen einige hier vorgestellt seien, da es ein Ding der Unmöglichkeit ist, diesen Kunstmessemoloch als Ganzes wahrzunehmen.

Eine der gelungensten Gegenüberstellungen bot die in Leipzig und Berlin ansässige Galerie Eigen+Art mit dem herrlichen Dialog des grossformatigen Gemäldes 'Der Übergang' (2018) von Neo Rauch mit drei Werken der Serie 'unicolor subtraktiv' von Carsten Nicolai aus dem Jahr 2014 (je 28.000 EURO). Diese wurden feinen kleinen Portraits von Tim Eitel und David Schnells farbenstarken Raum-Strukturen gegenüberstellt. Von David Schnell gab es zeitgleich noch eine weitere Ausstellung; dieses Mal mit einer Auswahl seiner Lithographien und Aquatinta-Radierungen in der unweit des Convention Centre gelegenen Goethe-Gallery zu sehen. Mit dieser feinen in Kooperation mit Eigen + Art entstandenen Ausstellung beweist die Direktorin des Goethe Institutes Almuth Meyer-Zollitsch ein weiteres Mal ihr Gespür für den richtigen Zeitpunkt und trägt mit ihrer Institution auch zur guten Qualität der in Hong Kong stattfindenden Ausstellungen bei.

Auch bei Peres Projects aus Berlin stand großformatige Malerei im Mittelpunkt. Hier trafen zwei der farbenfrohen an Fernand Léger und Valerio Adami erinnernden Gemälde des aus Kamerun stammenden Künstlers Ajarb Bernard Ategwa auf eine eher lyrische Abstraktion der Bolivianerin Donna Huanca und ein blaues lineares Signet der Kanadierin Beth Letain. Ein wenig weiter bei Skarstedt bildeten die Gemälde von Albert Oehlen und Richard Prince eine fein abgestimmte Gegenüberstellung. Bei der neapolitanischen Galerie Alfonso Artiaco treffen Gilbert & George mit ihrem farbenfrohen 'Beard Digest' (2016) auf eine subtile Zeichnung der Serie 'Unrejected Wild Flora' (35.000 USD) der brasilanischen Künstlerin Maria Thereza Alves, die dadurch entstehen, dass die Künstlerin Gräser in Farbe taucht und danach auf das Papier schlägt. Bei Pearl Lam Galleries hingegen findet sich das monumentale Farbgebilde 'Beating the Riverbank' (2015) von Zhu Jinshi in einem harmonischen Dialog mit zwei Werken der Serie 'Geometric Painting' (2017) des jungen chinesischen Künstlers Kour Pour. Ein starkes Paar bildeten auch Nasan Tur mit seinem hölzernen Druckstock 'Trust is demanding' (2018) und Ebru Uygun mit ihrem titellosen Objekt (2017) bei der Istanbuler Galerie Dirimart. Bernier/Eliades, in Athen und Brüssel beheimatet schufen eine starke Konstellation mit dem 'Car Tyre' (2006) von Wim Delvoye, dem opulenten 'Beardies' (2016) von Gilbert und George und dem Werk 'Dance First (right)' (2017) von Nikos Navridis, der Fragmente aus Texten von Samuel Beckett eindrücklich zur Schau stellt.

Petzel Gallery hielt mit den um Maria Lassnigs eindrücklichem Gemälde 'Abraham opfert seinen Sohn' aus dem Jahr 2007 (775.000 USD) herumgruppierten Werken wie der 'Boy with Boa' (2006) von Dana Schutz, 'Majestic Batman' (2017) von Joyce Pensato oder 'Painted Desert (Markhor)' (2015) von Sean Landers gleich mehrere teils amüsante, teils nachdenkliche, mit Wade Guyton und Seth Price auch in ihrer Formensprache reduzierte Gegenüberstellungen bereit.

Bei der in Sydney und Auckland ansässigen Galerie Fox/Jensen gab es ein besonders gelungenes Paar als der stille reduzierte Callum Innes auf die gebürsteten Pinselbahnen von Erin Lawlor traf. Bemerkenswert waren hier auch die in die Leinwand hineingeriebenen Graphitarbeiten des Matthew Allen (ab 2.200 EURO).

Am Anregendsten war jedoch die gekonnte Konstellation von Martin Kippenberger und Gang Zhao bei Nagel Draxler. An der Hauptwand der Koje trafen sich Kippenbergers 'Leiden Warum, Leiden Wozu' (1982) (1 Mio EURO) und eine fast zeitgleiche Landschaft (1 Mio. CNY) des ehemaligen Mitglieds der legendären Stars Group, Gang Zhao. An anderer Stelle 'The Last Emperor' (2009) von Gang Zhao neben Kippenbergers 'N.S.F.T. (Nudeln sind für tutti)' (1981). Gegenüber ein Block von sechs Zeichnungen Kippenbergers auf Briefpapier diverser Hotels darunter ein Selbstbildnis des in Wien 1997 verstorbenen Künstlers. Erst durch die Gegenüberstellung wird der besondere Humor dieser beiden eindrücklichen Künstler sichtbar.

Und dass es mitunter auch recht absurde Situationen gibt, zeigt der mit entblösstem Unterleib dasitzende Jüngling im Gemälde 'White Turtlenck' (2017) von Xinyi Cheng bei der Galerie Balice Hertling aus Paris unmittelbar neben der glänzenden Robotervenus von Hajime Sorayama in der Nachbarkoje bei Nanzuka aus Tokyo.

Mit den zahlreichen während der Art Basel Hong Kong stattfindenden Ausstellungen, Auktionen und nicht zuletzt mit den beiden Satellitenmessen Art Central und Asia Contemporary Art baut Hong Kong zunehmend seine Stellung als wichtigster Handelsplatz für zeitgenössische Kunst in Asien aus.

Mehr Texte von Harald Krämer

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Art Basel Hong Kong
29 - 31.03.2018

Hong Kong Convention and Exhibition Centre
Hongkong, 1 Expo Drive, Wanchai
http://www.artbasel.com


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