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Die 90er Jahre - Ein Wiener Diwan: Die Neunzigerjahre oder was von ihnen blieb

Das Musa eröffnete am 24. April den fünften und letzten Teil der von Berthold Ecker und Brigitte Borchhardt-Birbaumer kuratierten Dekadenausstellungen. In drei jeweils „Aufzug“ benannten Teilen schafft man mit 255 Werken von 245 Vertretern einen Einblick in die Kunst der Neunziger jahre. Ein durchaus schwieriger Versuch, wenn man bedenkt, wie divers die Kunst der Neunziger war. Geprägt vom Kalten Krieg, dem Fall des Eisernen Vorhangs und der Ostöffnung entwickelte sich vor allem Wien zu einem neuen Zentrum. Unter dem Titel „Ein Wiener Diwan“ widmet man sich im ersten Aufzug der zunehmenden Internationalisierung.

Auf den rund 600 Quadratmetern des MUSA findet man einen Einblick in eine sehr vielfältige Kunst: Sie reicht von Werken der Neuen Wilden wie Herbert Brandl, Siegfried Anzinger, Alois Mosbacher und Kurt Kocherscheidt bis Martha Jungwirth, Lawrence Weiner und Anna Jermolaewa. Von der eher jüngeren Generation sind Marko Lulić und Siggi Hofer und Nives Widauer vertreten. Im Bereich der abstrakten Kunst entdeckt man etwa eine Arbeit der während der Neunzigerjahre noch weniger bekannten Martha Jungwirth, eine von Erwin Bohatsch oder zwei der Schwarzweißmalereien Rudi Stanzels. Dass man neben etablierten Künstlern beim Sammeln auch Wert auf neue Medien legte, kann man anhand Kurt Langs „Unendlichem bewegten Raum“ nachvollziehen. Der mittels einer mehrfach verspiegelten Box kreierte imaginäre Raum zeigt verschiedene Bilder, die während der Fahrt mit der U3 entstanden.

Die Auseinandersetzung mit Migration spiegeln jene Fotografien von Lisl Ponger („Fremdes Wien“), Eva Schlegel oder etwa Sieglind Gabriels Plakat wider, das eine Frau mit Kopftuch und Fladenbrot am Brunnenmarkt zeigt. Auch das legendäre Foto Lois Weinbergers documenta-Arbeit von 1997 ist mit dabei: Für die documenta X bepflanzte Weinberger ein stillgelegtes Bahngleis mit Neophyten aus Süd- und Südosteuropa und nimmt metaphorisch Bezug zur Migrationspolitik.

Dass die Kunst der Neunzigjahre von Diversität geprägt war, wird dem Besucher zweifellos bewusst. Ein bisschen mehr Vermittlungsarbeit wäre allerdings wünschenswert gewesen. Denn nur mit dem kurzen, einführenden Wandtext ist es schwierig, in der Ausstellung einen roten Faden zu finden, geschweige denn, die Arbeiten zu verstehen: So kommt es auch, dass man völlig ratlos vor Lawrence Weiners Ausstellungsplakat für die Wiener Festwochen 1991 steht, dessen Spruch „Smashed to pieces (in the still of the night)“ man etwa vom Wiener Flakturm kennt. Vielleicht wird der zweite Aufzug mit Erwin Wurm, Valie EXPORT und Werner Reiterer kohärenter.

Mehr Texte von Désirée Hailzl

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Die 90er Jahre - Ein Wiener Diwan
25.04 - 01.07.2018

MUSA
1010 Wien, Felderstraße 6-8, neben dem Rathaus
Tel: +43 (0)1 4000 8400, Fax: +43 (0)1 4000 99 8400
Email: musa@musa.at
http://www.musa.at
Öffnungszeiten: Di - Fr: 11:00 - 18:00, Do: 11:00 - 20:00, Sa: 11:00 - 16:00 Uhr


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