Justin Fitzpatrick - Underworld: In der Not greift man zum Begleittext
Weiße Augen blinzeln aus dem rotgelben, aus verschnörkelten Formen zusammengesetzten Gesicht eines Fabelwesens (Öl auf Leinwand). Davor steht mitten im Raum ein Segel, bestehend aus Objets trouvés, angelehnt an ein bemaltes, gebogenes Holz, das ein weiteres Wesen menschlicher Gestalt verkörpern soll. Es ist ein paradoxes Setting, in dem sich das fantasievolle Objekt – ein Besen als Mast, Wilson Socken als Segel und ein GPS-Gerät – präsentiert. Die zwei weiteren Installationen scheinen fortsetzende Szenen zu sein, in denen das skurrile Fabelwesen erneut auftaucht.
Das Groteske steht auch in den anderen bildhaften Arbeiten des irischen Künstlers Justin Fitzpatrick im Vordergrund, wobei sie wesentlich bunter und abstrakter sind. Die Ausstellung („Underworld“) im jungen KevinSpace wird ihrem Titel gerecht, denn genau in solch eine Unterwelt aus grotesken Ornamenten scheint man hier einzutauchen. Abgesehen von Fitzpatricks geringem Bekanntheitsgrad in Österreich (der Künstler lebt in Brüssel und London) und ohne die Hilfe des Begleittexts zur Ausstellung könnte man ebenso eine Auseinandersetzung des 32-jährigen Künstlers mit Stammeskunst vermuten. Umso verblüffender ist die Tatsache, dass er sich scheinbar mit „Rabelais und seine Welt“ des russischen Literaturwissenschaftlers Michail Bachtin auseinandersetzte. Das wiederkehrende Fabelwesen in den Skulpturen ist, wie wir nun erfahren, ein Jugendstil-Tischbein, das den Philosophen Thomas von Aquin verkörpern soll. Dessen Sünden müssen in den allegorisch betitelten Installationen - „Coitus Interruptus“, „Sodomy“ oder „Self Love“ regelrecht von den Fundobjekten wie Bürsten und Besen weggekehrt werden.
Die Ausstellung könnte als Paradebeispiel gesehen werden, wie divergierend die Sichtweise von Betrachter und Künstler sein kann und wie verloren man manchmal ohne Begleittext wäre.
13.01 - 04.03.2018
Kevin Space
1020 Wien, Volkertstrasse 17
Email: office@kevinspace.org
http://www.kevinspace.org/
Öffnungszeiten: Fr, Sa 15-18 h