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Monika Piorkowska - liquid democracy: Demokratische Rutschpartie

Ein Regenguss würde diese Installation in eine Rutschpartie verwandeln: Auf einer Plastikfläche, die leicht gekrümmt von der Wand hängt, hat Monika Piorkowska 1000 Seifen montiert, angeordnet in Reih und Glied. Sie tragen alle die Aufschrift „liquid democracy“. Die Demokratie, so das Bild, ist ein fragiles Gebilde – ein einziger Anlass, und alles verflüssigt sich, gerät ins Rutschen. Wie leicht demokratische Werte gerade aufgegeben und relativiert werden, musste die 1977 in Krakau geborene und heute in Wien lebende Künstlerin selbst erfahren, als ihre Ausstellung im Polnischen Institut abgesagt wurde und sie zudem wüsten Beschimpfungen ausgesetzt war (mehr dazu hier). In abgespeckter Version zeigt die Galerie Steinek nun das Projekt, das in zwei Teile fällt: Neben der Installation – und einem Video, in dem die Künstlerin Seifen in ein Kuvert steckt und an Jarosław Kaczyński, den populistischen Chef der polnischen PiS-Partei, adressiert – zeigt Piorkowska transparente Bilder, die doppelseitig auf Leuchtkästen gedruckt sind: Personen, die auf der Straße gehen, in Zimmern sitzen, auch einen männlichen Akt, der von einer Treppe steigt, in Anlehnung an Duchamps „Nu descendant un escalier“ und Gerhard Richters „Ema (Akt auf einer Treppe)“. Dazu erzählen die Protagonisten ihre individuellen Geschichten, dargereicht in Saaltexten. Nicht bei allen stellt sich der Bezug zum Versagen der Demokratie, zu den gesellschaftlichen Umbrüchen der Gegenwart so unmittelbar dar wie im Räsonnieren jener Frau, die sich für rund 460 Euro im Monat den Buckel krumm arbeitet und darüber verzweifelt („In dieser Gegend gibt es keine Perspektiven, nur Nebel“, heißt es da etwa). Gerne hätte man noch mehr gelesen über diese Protagonisten – allerdings erfährt man etwa bloß auf Anfrage, dass einer von ihnen AIDS hat und in einem Dilemma zwischen Homosexualität und Religiosität gefangen ist. Dennoch offenbart sich in Piorkowskas Ausstellung, wie sich ein Mangel an Demokratie auf individuelle Leben auswirkt – und damit die Richtigkeit des alten linken Spruchs, demzufolge das Private politisch ist.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Monika Piorkowska - liquid democracy
26.04 - 31.05.2017

Galerie Steinek
1010 Wien, Eschenbachgasse 4
Tel: +431/512 87 59, Fax: +431/512 87 59
Email: galerie@steinek.at
http://www.galerie.steinek.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 13-18h
Sa: 11-15h


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