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Wertekurse für Kulturinstitutsdirektoren!

Als in Österreich sogenannte „Wertekurse“ für Migrantinnen und Migranten eingerichtet wurden, belächelten das am Anfang viele. Doch immerhin: Die Broschüre, die der Integrationsfonds auf seine Website gestellt hat, erweist sich als einigermaßen unpeinlich. In einem einfachen Deutsch gehalten, klärt sie über den Umgang mit Geschichte, Demokratieverständnis, Gleichberechtigung und so weiter auf. Sachlich, nüchtern, unaufgeregt. Sogar die Kunst kommt vor. Da heißt es: „Für Menschen, die über Zeitungen, Filme, Malerei, Theater, Grafikdesign etc. ihre Meinung ausdrücken, gibt es in Österreich viele Freiheiten.“ Jetzt wäre es vielleicht gut, wenn auch jemand wie der Direktor des polnischen Kulturinstituts in Wien einen solchen Wertekurs besuchen könnte. Oder wenn Außenminister Sebastian Kurz, der diese Wertekurse ja immer so nachdrücklich einforderte, den polnischen Botschafter dazu vergattern könnte, vielleicht auch gleich den ungarischen dazu. Denn wie unlängst im Ateliertheater bei einer Podiumsdiskussion ausführlich dargelegt wurde, greifen die Maßnahmen zur Kunstzensur in Polen längst auf andere Länder über. „Es wird uns vor der Haustür vor die Füße gespuckt“, so formulierte es eine der Teilnehmerinnen. Im polnischen Kulturinstitut wurde nämlich eine Ausstellung von Monika Piorkowska abgesagt (sie fand immerhin Unterschlupf in der Galerie Steinek). Dass Piorkowska Piroggen in rot-weißem Nationalflaggen-Design an ihre Gäste verfüttert hätte – in Anspielung auf Methoden populistischer Politiker – war offenbar zu viel für das empfindliche nationale Selbstbewusstsein. „Es ist ein Ort, dessen Aufgabe es nicht ist, politische Stellungnahmen zum aktuellen Status quo der Politik zu ventilieren“, schrieb der Direktor an die Künstlerin. Persönlich soll er dann noch erklärt haben, dass Gender-, Religions- oder Sozialkritik ebenso wenig in seinem Institut ihren Platz hätten wie politische Themen. Aber immerhin, eigentlich noch besorgniserregender, gestand er ihr zu, ihre Meinung „privat zu äußern“. Schon zuvor hatte das Kulturinstitut eine Kooperation mit dem Journalisten und Schriftsteller Martin Pollack aufgekündigt, nachdem dieser einen kritischen Text verfasst hatte. Im Außenministerium, dessen Boss so vehement stets die „westlichen Werte“ verteidigt, ist dazu nichts zu hören. Dass mitten in Wien Kunst zensiert wird: egal! Da mischen wir uns lieber nicht ein. Und ehrlich: Wen kümmern diese paar Künstler?
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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