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Erez Israeli - Die klare Sonne bringt's an den Tag: „Die Vögel des Himmels werden es verraten“

Erez Israeli, der seit zwei Jahren in Berlin lebt, um sich besser mit der deutschen Geschichte auseinandersetzen zu können, zählt zu den bekanntesten Künstlern der jüngeren Generation Israels. Den Ausstellungsraum der Wiener Dependance der Galerie Crone verwandelt er in einen unangenehmen, provokativen Begegnungsort der Erinnerungskultur: Antisemitismus, Machtwahn, Kitsch und Romantik treffen hier aufeinander. Israeli geht es nicht darum, Menschen an den Holocaust zu erinnern, sondern sie für aktuelle Themen zu sensibilisieren. Den Hauptraum der Galerie füllen 36 hölzerne Kitsch-Adler, die auf Eisenstelen thronen und die Israeli auf Flohmärkten und über Ebay von deutschen und österreichischen Besitzern erworben hat. Bedrohlich und beschützend zugleich - je nachdem, ob man sie als österreichisch, deutsches Kulturgut oder als NS-Machtinsignien wertet. Die Botschaft, dass Gutes und Böses miteinander verflochten sind, ist in Israelis Kunst oft wiederzufinden. Im vorderen Raum geht es um die deutsche Märchenkultur, die Israeli hier umkehrt: Die jüdischen Kinder Hänsel und Gretel werden von der bösen Nazi-Hexe ins Knusperhäuschen, das Pendant zum KZ-Lager, gelockt. Großflächige Wandmalereien in expressivem Stil erinnern an entartete Kunst – als Kontrast dazu der unverkennbare, während der NS-Zeit präferierte Goldton. Nazi-Klischees wurden eingearbeitet und so sind die beiden Kinder statt mit Juden- mit Pinocchio-Nasen ausgestattet und an die Nazi-Homoerotik erinnernd mit überdimensionalen Penissen dargestellt. Die Serie „Die-Cuts“, die in einem weiteren Raum gezeigt wird, besteht aus 26 Collagen, deren Basis Bleistiftzeichnungen von Neonazi-Tattoos bilden, die mit Glanzbildern ausgeschmückt wurden. Hier ist wieder das Böse im Kitschigen und Schönen versteckt. Die Arbeit erinnert an Israelis Körpertätowierungen, wie den Davidstern, den er sich für eine Performance auf die Brust nähte, oder die wechselnden Stempel des angesagten Berliner Clubs „Berghain“, die er sich auf seine Unterarme stechen ließ. Die Präsenz der Grimm’schen Märchen findet sich auch im Titel der Ausstellung wieder. „Die klare Sonne bringt’s an den Tag“ ist das einzige der vier Märchen mit jüdischen Protagonisten, in denen der Jude der Gute ist. Parallel zur Grimm’schen Version gibt es eine jüdische, in der der Jude, kurz bevor er vom Räuber getötet wird, sagt: „Die Vögel des Himmels werden es verraten.“ Schließt sich hier der Bogen zu den hölzernen Adlern im Hauptraum?

Mehr Texte von Désirée Hailzl

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Erez Israeli - Die klare Sonne bringt's an den Tag
08.03 - 01.04.2017

Crone Wien
1010 Wien, Getreidemarkt 14
Tel: +43 1 581 3164
Email: info@galeriecrone.com
http://www.galeriecrone.com/
Öffnungszeiten: Di-Fr 14-18, Sa 11-15 h


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