Werbung
,

Rini Tandon - Facing The Tangible: Das Fassbare im Abstrakten

Ob in Fotografie, Skulptur, Installation, Collage oder Video, Rini Tandons Arbeiten in ihrer aktuellen Ausstellung Facing The Tangible in der Galerie Raum mit Licht umkreisen das Tastbare, hinterfragen es buchstäblich. Sie untersucht Gegenständlichkeit im Raum, in abstrakter wie in taktiler Hinsicht: Abstraktheiten werden in Fassbarem erfahrbar, und wenn dieses Fassbare heterogen in seiner Entität ist, dann werden verschiedene, individuelle Realitäten offenbar. Im ersten Raum wird ein junger Baumstamm präsentiert. Er ist eingewickelt in einen Bronzedraht, der sich nahtlos um das Holz windet, er „scannt“ den Stamm, umfasst ihn, definiert seinen Körper und überhöht ihn, die grün gefärbten Enden abstrahieren ihn. Das ästhetisierte Naturobjekt stammt aus dem Wiener Wald, in dem es im Streben nach Licht gefallen ist. Seine gescheiterte Existenz ist zum verfremdeten Zeichen einer Welt transformiert, einer Welt unserer unmittelbaren Umgebung, die uns selbst betrifft und doch mehr als das umreißt. Tiefer in der Galerie findet sich wieder eine skulpturale Linie, ein eiserner Stab dreht sich in bewegten Rotationen empor, aktiviertes Metall, den Raum umschlingend. Processing The Line ist eine performative Raumzeichnung, zugleich eine Gestalt, eigentlich aber ein Zustand: eine Schwingung voller Wendungen, die in den Raum eingreift und sich in der Höhe in ihrer Linearität auflöst. Schwerelos erscheint auch der Raum der dreiteiligen Collage, auf dessen rosa Grund sich fotografische architektonische Segmente gruppieren. Die Schichtungen und Überlappungen der nicht zu identifizierenden Teile entfalten utopische Räume, gegenläufige und widersprüchliche Verschachtelungen. Mise en Scene in Pages bewegt sich in einer fragilen Balance zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion, zwischen perspektivischer Räumlichkeit und Zweidimensionalität. Das Bildmaterial hat Rini Tandon aus diversen Zusendungen entnommen, es sind Botschaften aus einer kulturellen Welt, an der sie nicht unmittelbar teilhat; Spuren aus einem Raum voller Geschehnisse und Artefakte, der eine parallele Existenz zum eigenen Erfahrungsraum lebt und nur rudimentäre Einsicht und keine Übersicht gewährt. Die Collage In my absence they entered my home ist in derselben Vorgangsweise entstanden, aus Einladungen zu Ausstellungen und Veranstaltungen, denen Rini Tandon nicht folgen konnte. Sie sind teilweise von geschnittenem und gerissenem Zusatzmaterial überdeckt; Informationen werden gegeben und genommen und strukturieren einen Kontext-gebundenen Raum. Die Montage hat einen malerischen Effekt; es ist neben dem Video Facing The Tangible, in dem die virtuelle Farbe zu rinnen scheint und das der Ausstellung ihren Titel gegeben hat, eine Arbeit, in der Rini Tandons künstlerische Herkunft von der Malerei offensichtlich wird. Das Gegeneinander-Spielen von divergierenden Perspektiven wird in der vierteiligen Fotoarbeit Underground zu einem fragmentierten Ineinanderschieben generiert, was in den klaren verhaltenen Bildern eine neuartige Räumlichkeit entstehen lässt und einen Dialog von poetischer Vieldeutigkeit entwickelt. Inmitten dieser medialen Vielfalt ist die skulpturale Anordnung Reflection Board positioniert. Rini Tandon konstruierte aus 3D-gedruckten Teilen eine schattenhafte Architektur einer überdimensionalen Hand. Sie erinnert an den technologischen Fortschritt, der uns sukzessive der Erfahrungswelt der natürlichen Hand beraubt. Das visionäre Objekt ruht umgeben von kleinen Kunststoffmäusen auf Spiegeln unter einem Glassturz. Das Arrangement skizziert eine Laborsituation, subversiv schwingt darin die hintergründige Doppeldeutigkeit, welchem der versammelten Gegenstände die Rolle des Probanden zukommen sollte. Zugleich ist der Distanzierung in der Vitrine eine museale Aura eigen, als wäre die Zukunft schon archiviert. Reflection Board bündelt die ideelle Substanz der Ausstellung. Realitäten im Spannungsfeld von Erfahrungsraum, Körperlichkeit und Abstraktion geraten ins Schlingern, werden zum dialektischen Schillern einer komplexen Situation.
Mehr Texte von Margareta Sandhofer

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Rini Tandon - Facing The Tangible
06.04 - 12.05.2017

Galerie Raum mit Licht
1070 Wien, Kaiserstraße 32
Tel: +43 1 524 04 94
Email: galerie@raum-mit-licht.at
http://www.raum-mit-licht.at
Öffnungszeiten: Mi-Fr 14-18 h


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: