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Lob der Provinz

In der Provinz geht noch was. Wenn alle an einem Strang ziehen. Während der Kunstmarkt in der Mitte kontrahiert und sich die meisten etablierten Messen unterhalb der Top-Liga schwertun, werden immer mehr kleine wendige Veranstaltungen geründet, die erfolgreich ihre Nische oder lokale Märkte bedienen. Die Liste ist mittlerweile so lang, wie die Formate unterschiedlich sind: Sunday (London), Gran Palazzo (Rom), Art-O-Rama (Marseille), Paris Internationale, Dama (Turin) ... Die Luxembourg Art Week ist so ein Versuch, der dieses Jahr in die zweite Runde gegangen ist und an einem unwahrscheinlichen Ort beweist, dass sich selbst in einer Stadt mit wenig mehr als 100.000 Einwohnern eine Kunstmesse etablieren lässt. Der Luxembourger Galerist Alex Reding hat es geschafft, sämtliche einheimische Galerien, die wenigen Sammler vor Ort, Institutionen, Wirtschaft und Staat mit ins Boot zu holen. Die 23 Galerien des Hauptfeldes teilen sich eine postmodern-brutalistische Sporthalle mit den Teilnehmern eines unklar aufgestellten Kunstpreises, der ansonsten keine Heimat hätte. Zu den auch international agierenden Luxembourger Galerien gesellen sich einige auswärtige Kollegen wie Aeroplastics aus Brüssel, Martin Kudlek aus Köln, die Gebrüder Lehmann aus Dresden und Ernst Hilger aus Wien. In einem Zelt nebenan sind unter dem Titel Take Off einheimische und auswärtige Galerien untergebracht, die Kunst unter 2.000 Euro anbieten. Versierte Sammler werden diesen Bereich meiden. Andererseits gewährleistet diese eher dekorative Abteilung eine Anbindung an breitere Schichten. Genau das wünscht sich die Stadt. Schon seit einiger Zeit fühlen sich die ethnischen Luxembourger vernachlässigt von der Regierung ihres Landes, dessen Einwohnerschaft zur Hälfte aus Zugereisten besteht. Die Politik ist daher bemüht, ihr Engagement in dieser Richtung zu verstärken, zumal dem gerade unter unschönen Begleitumständen abgehenden Direktor eines der beiden Kunstmuseen Elitismus nachgesagt wurde. Außerdem dürfte Luxembourg langfristig daran gelegen sein, sich nicht nur über das Finanzwesen zu definieren. Die Halle wird von der Stadt gestellt, dafür ist der Eintritt frei. So lässt sich etwas für das breitere Publikum tun und gleichzeitig eine spezialiserte Klientel ansprechen. Dass Luxembourgs wichtigste Branche die Finanzwirtschaft ist, spielt natürlich auch eine Rolle für die Luxembourg Art Week. Im Land leben überdurchschnittlich viele Wohlhabende und damit auch Kuntsammler. Denen wird einiges geboten während der knappen Woche Laufzeit. Jeden Abend veranstaltet ein anderer Sponsor ein Abendessen für geladene Gäste, einige Unternehmen öffnen ihre Sammlungen für Besucher. An der Peripherie kann eine Kunstmesse nur erfolgreich sein, wenn sie alle Kräfte vor Ort unter einen Hut bringt. Dem Macher Alex Reding scheint das ganz gut gelungen zu sein. Da die Teilnahmekosten vergleichsweise niedrig sind, und Verkäufe wie neue Kontakte einigermaßen stimmen, könnten zu den bisher teilnehmenden Ausländern in Zukunft weitere hinzukommen. So ließe sich sukzessive die Qualität erhöhen und vielleicht sogar ein Sammlernachwuchs heranziehen in einem Kleinstaat, in dem Status noch vorwiegend über das Auto demonstriert wird. luxembourgartweek.lu

Mehr Texte von Stefan Kobel

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