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Podest für Versuche

Eine Ausstellung, eine Satelitenmesse und zwar in einem leerstehenden Gebäude. Die Alte Post, ein Gebäude das nicht wirklich ganz oder gar immer leersteht. Wer erinnert sich nicht an die eine oder andere Veranstaltung der Viennale, die dort stattgefunden hat? Es ist sicherlich ein Leerstand, nur eben kein permanenter. Schon seit vier Jahren gibt es nun diese Messe, die wie ein Magnet an der viennacontemporary zeitlich fixiert ist. Die Notwendigkeit dieser Überschneidung scheint, gerade da die Parallel längst als etabliert gelten kann, nur noch als das Bestehen auf einer Form, aus der man bereits entwachsen ist. Sicherlich ist es legitim, diese beizubehalten, längst aber könnte das Kind schon ohne externe Stützräder fahren. Es gibt hier einige Überscheidungen zwischen der Geschichte des Filmfestivals Identities, das urprünglich auch nur Anhängsel der Viennale war und nun schon das zweitgrößte Festival in Wien darstellt. Schwarze Striche, Kratzer und eine durch jahrelange Verschiebung von Gegenständen erzeugte Patina. Aus den Wänden stehen Röhren heraus, mancherorts starrt einem abgebröckeltes Mauerwerk entgegen. Dies ist kein Werk, sondern die Überbleibsel der Vergangenheit, die sich in das Gebäude eingeschrieben hat. Einige der KünstlerInnen sind direkt auf die in ihren Ausstellungsräumen eingeschriebenen ehemaligen Benutzungen eingegangen, andere haben sich nur zu Momenten der Annäherung an den Ort verleiten lassen. Da bricht das auratische Panzerglas, das sonst allzuoft zwischen den Objekten, die ja auch einst nur Material waren, als eine unüberwindliche Zone aufgebaut wurde. So kann man einem Hemd, das Teil einer Arbeit von Hermann Nitsch ist, beim leichten, kaum merklichen Flattern zusehen. Natürlich nur, wenn jemand daran mit einem guten Schwung vorbeigeht. Anderorts findet man spannende Positionen wie das aus Karton gebaute Tonstudio von KlitClique. Denn hier schlägt sich nicht die Patina des Raumes mit der Ästhetik des Werkes, sondern spielt sich gegenseitig in die Hand. Dadurch entsteht etwas, das nur an diesem Ort möglich ist. In dem Raum, der von Elfie Semotan und Stefan Bidner kuratiert wurde, entschied man sich bei zwei Arbeiten von Sophie Thun, diese auf eine Leiste zu stellen unter der früher die Verkabelung des Raumes abgeschalt war. Wo anderorts allzuoft versucht wird so zu tun als wäre man in einem white cube, sind es solche Eingriffe in die traditionelle Hängung, die Spannung erschaffen und damit andere Sichtweisen auf Werke ermöglichen. Unttld contemporary stellt mit Fabian Seitz eine Position in den Raum, die durch die nahezu perfekte Anordung der Werke, die sich selber durch ihren DIY Charakter an den Raum anschmiegen aber in dieser Bewegung die nötige Distanz aufweisen. So bemerkt man zwar die abgeblättere Farbe an den Wänden, die Löcher im Boden, die Werke differenzieren sich jedoch von der Patina des Raumes durch ihre präzise Positionierung und die analytische Dekonstuktion des Materials, die diesen Arbeiten zugrunde liegt. An Ausstellungen, die jenseits von weißen Wänden stattfinden, ist es immer wieder spannend zu sehen, in welcher Art auf einzigartige Situationen eingeganen wird. Wo manches Museum sich nie aus dem Nimbus des Beinhauses ehemals gehypter Vergangensheitskunst befreit hat, so müssen heute private Initativen jene Podeste hinstellen, auf denen das neue, Unbekannte erstmals probiert werden kann. Leider muss man hier aber die Ausbrecher allzuoft suchen und wird dabei immer wieder enttäuscht. -- Parallel Vienna Alte Post Dominikanerbastei 11, 1010 Wien parallelvienna.com 21. bis 25. September 2016
Mehr Texte von Patrick Schabus

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