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curated by_ 2016: 3 Gruppenaustellungen (+ eine)

Heutzutage, da auch Lokalitäten, die vom Mineralwasserverkauf leben, eine Kuratorenperson als Alleinstellungsmerkmal brauchen, gibt es nichts wohlfeileres als Kuratorengruppenschauenwettbewerbe. curated by_, das die Wiener Saisoneröffnung der Galerien unter ein Label packt, ist eine solche Spielwiese, ein Battle gewissermaßen, an dem die HipHop-Kultur ihre Freude hätte. Es funktioniert als eine Art Exhibition Slam so wie ein Science Slam oder ein Poetry Slam. Die zehn Minuten, die ein Auftritt bei den einschlägigen Veranstaltungen in etwa dauert, umfassen auch ungefähr den Zeitraum, den man jeweils einer Galerie beim Besuch jedenfalls am Vernissagenabend widmet. Anschließend wird ermittelt, wer sich am besten geschlagen hat. Wohlan, hier also die Trias der besten Schauen. Platz eins: Galerie Christine König mit „Timezone“, curated by Giulia Ferracci. Ein klassisches Thema: Die Verzeitlichung von so etwas räumlich Funktionierendem wie Bildern. Gute Positionen: Jonathan Monk, immer zu haben für die Aufhebung von Conceptual ins Metamäßige, lässt die Lichter einer Vespa in peinlich genau konsekutiver Folge blinken, so dass sich ein Permutationsprinzip von Sol Lewittscher Beflissenheit ergibt; Pierre Bismuth, ohnedies kinematografischer Arbeiter, entwirft diesmal Kinoplakate, in denen sich ein Klassiker der bereits älteren Film- mit einem der jüngeren Kunstgeschichte vereint; Claudia Losi legt seidenbestickte Bälle ins Schaufenster, denen eine Form appliziert ist, die einem Auge ähnelt, und so an das Motto Rilkes, „denn da ist keine Stelle, die dich nicht sieht“ gemahnt. Fazit: Eine Ausstellung, wie sie kuratiert sein soll. Ein roter Faden, in sich funktionierende Arbeiten und damit die Arbeit an der Evidenz. Man versteht, was gemeint ist, und findet sich selber dabei, so etwas wie überzeugt zu sein. Platz zwei: Galerie Krobath mit „EMAK BAKIA“, curated by Bettina Steinbrügge. Ein historischer Ausgangspunkt: ein Film von Man Ray aus dem Jahr 1926, der der Präsentation auch den enigmatischen Titel gibt. Eine zweite historische Position: die luftigen Zeichnungen von Henry Michaux. Davon ausgehend eine formale Entscheidung: Das Transparente, Ziselierte, seinerseits ebenso Abstrakte wie Fragile von drei Positionen der Gegenwart: Nasreen Mohamedi, Haleh Redjaian, Sofie Thorsen. Zwei Männer als Gewährsfiguren, drei Frauen für die Aktualität. Eine Ausstellung, fünfmal genau austariert. Platz drei: Galerie nächst St. Stephan mit „As if in a foreign country“, curated by Chris Sharp. Man nehme Dutzende von Arbeiten und verteile sie eher gedrängt als gelockert in den Räumen. Man knüpfe ein sehr loses Band an Erklärung, greife in die Vergangenheit aus, beziehe sie auf den Ort der Veranstaltung und nehme ansonsten seine Lieblingsleute, um die herum man ohnedies kuratiert. Es entsteht ein Gesamteindruck, und er funktioniert oder es geht in die Hose. Die Ausstellung reicht einen jedenfalls weiter, von Exponat zu Exponat, und eine kleine Welt kommt zustande. Keine große, aber eine kleine. Außer Konkurrenz: Kerstin Engholm Galerie mit „Resistance Performed Revised“, curated by Heinke Munder. Allein der Titel bringt die Zauberworte der Gegenwartskunst zusammen, und der Erfolg scheint garantiert – der Erfolg zumindest an Orten, wie sie Kunstvereine darstellen. Ob sie auf der Art Basel adäquat wären, ist eher zu bezweifeln. In diesem Sinn deklariert sich die Galerie als der Sphäre der Kunstvereine zugehörig. Sie zeigt künstlerische Interventionen der 70er/80er in Situationen, an denen derlei Eingriffe tatsächlich politisch, weil die Autoritäten untergrabend und dadurch auch noch gefährlich waren. „Aesthetic Strategies Under Repressive Regimes In Latin America“, so der alles erklärende Untertitel, ist eine Schau, die für Galerien jedenfalls ungewöhnlich ist. Die Kuratorin ist die Direktorin des Migros Museum in Zürich. Dort wird die Schau dann zweite Station machen. Also doch ein Geschäft. -- www.christinekoeniggalerie.com www.galeriekrobath.at www.schwarzwaelder.at www.kerstinengholm.com Alle Ausstellungen bis 15. Oktober www.curatedby.at
Mehr Texte von Rainer Metzger

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