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Anti:modern. Salzburg inmitten von Europa zwischen Tradition und Erneuerung: Avantgarde im Provinzschloss

Der Mob ist erregt. „Blödsinn!“, „Geschmacklosigkeit!“, „Entehrung der Kunst!“ So wird die Künstlerin beschimpft, die einen Akt im Stil des Wiener Kinetismus zeichnet. Eine Phalanx an aufgebrachten Bürgern rückt gegen sie vor, scheint sie im nächsten Moment mit einem überdimensionalen Zeichenstift aufzuspießen. Der „Klessheimer Sendbote“ von Erika Giovanna Klien, eine Zeichnungsserie, gibt Aufschluss darüber, wie die Wiener Künstlerin unter dem reaktionären Klima Salzburgs in den späten 1920er-Jahren litt. Es ist ein zentrales Werk der Ausstellung „Anti:Modern“ im Salzburger Museum der Moderne, mit dem Direktorin Sabine Breitwieser einen facettenreichen Blick auf das kulturelle Leben Salzburgs zwischen modernen Bestrebungen und gegenläufigen Tendenzen wirft; im Wesentlichen zieht sich die Schau von der Zwischenkriegszeit bis in die 1950er-Jahre, als Oskar Kokoschka die „Schule des Sehens“ – heute: Salzburger Sommerakademie – gründete. Eine ganze Reihe von Themen wird hier angerissen. Es startet etwas spröde, mit einer Reflexion über die Moderne und die Großstadt, mit allerlei Stadtplänen; auch der darauf folgende Saal, in dem Alice Creischer und Andreas Siekmann die Piktogramme von Gerd Arntz und Otto Neurath auf die Gegenwart übertragen, zeigt sich schwer verdaulich – und vom Thema weit entfernt. Doch hat man diese Einstiegsbarrieren erst einmal überwunden, wird es richtig spannend. Da erfährt man viel über feministische Künstlerinnen mit Bezug zu Salzburg und über eine Wissenschafter-Familie, über fortschrittliche Formate wie das Musikfest der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik und Gustav Klimts „Litzlsberg am Attersee“, das mit der Schenkung des NS-Kunsthändlers Friedrich Welz ins Museum gelangte und später an seine rechtmäßigen Erben restituiert wurde. Weltstar Isadora Duncan führte mit ihrer Schwester Elizabeth eine Tanzschule auf Schloss Klessheim – wo Klien unterrichtete – und am Wolfgangssee gründete sich die „Zinkenbacher Malerkolonie“, deren Mitglieder später in moderne wie in reaktionäre Richtungen strebten. Über vieles hätte man gern noch mehr erfahren. So birgt diese Ausstellung noch zahlreiche weitere mögliche Projekte.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Anti:modern. Salzburg inmitten von Europa zwischen Tradition und Erneuerung
23.07 - 06.11.2016

Museum der Moderne Salzburg Mönchsberg
5020 Salzburg, Mönchsberg 32
Tel: +43 / 662 / 84 22 20-403, Fax: +43 / 662 / 84 22 20-700
Email: info@mdmsalzburg.at
http://www.museumdermoderne.at
Öffnungszeiten: täglich 10-18 h, Mi 10-20 h


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