Werbung
,

Dark Mirror. Lateinamerikanische Kunst seit 1968: Zur Kunst von Lateinamerika

„Lateinamerikanische Kunst seit 1968“ zeigt das Kunstmuseum Wolfsburg jetzt in seiner Ausstellung „Dark Mirror“. Als Übersichtspräsentation ist die Show sicherlich fragwürdig, sie stellt aber dennoch nicht wenige spannende Arbeiten vor. Wer würde ernsthaft auf die Idee kommen, europäische Kunst aus knapp 50 Jahren in nur einer Übersichtsausstellung zu versammeln – und dieses mit dem Anspruch „einen umfassenden wie dezidierten Blick“ (Pressemeldung Kunstmuseum Wolfsburg) auf diese zu werfen? Genau dieses Unternehmen versucht jetzt „Dark Mirror“ mit zeitgenössischer Kunst aus Mittel- und Südamerika und wird diesem Anspruch dann prompt auch nicht gerecht. So wird z. B. schon auf dem ersten Blick deutlich, dass in dieser Ausstellung so wichtige Namen wie Santiago Sierra, Ernesto Neto, Teresa Margolles oder Francis Alÿs fehlen. Auf dem zweiten Blick wird dann zudem noch klar, dass sämtliche Exponate der Ausstellung lediglich aus einer Sammlung, der Daros Latinamerica Collection nämlich, stammen und daher die Auswahl in „Dark Mirror“ durch den individuellem Sammlungskonzept dieser Kollektion begrenzt ist. Mehr als einen ersten Überblick leistet die Ausstellung daher dann auch nicht, aber immerhin. Trotzdem hat man das Kunstmuseum Wolfsburg so politisch engagiert wie jetzt in seiner 21jährigen Geschichte noch nicht erlebt. Und dieses ist gerade angesichts der aktuellen VW-Krise durchaus erfreulich. Gleich im ersten Raum wird der Besucher der Ausstellung gleichsam begrüßt von dem großformatigen Triptychon „WWW (World Map)“, 2003, einer Photocollage von Vik Muniz, die die globalisierte Welt im Würgegriff der Neuen Medien zeigt, bis ins letzte Eck voll ist sie hier mit Computerschrott. Von Vik Muniz ist auch das Porträt „Che (Black Bean Soup)“, 2000, in der Ausstellung zu sehen. In diesem Cibachrome ist das bekannte Porträt der südamerikanischen Guerilla-Legende aus schwarzer Bohnensuppe gestaltet. „Che“, längst zu einem Klischee gewaltbereiter Revolution verkommen, wird hier mit einem weiteren, jetzt eher kulinarischem, Klischee gekoppelt – kritische Kunst mundgerecht aufbereitet für ein westliches Publikum. Von Antonio Caro ist die Arbeit „Columbia“, 1976/2000 zu sehen: Auf rotem Grund steht dort in Weiß das Wort „Columbia“ geschrieben, und zwar exakt in der Typographie von Coca-Cola. Dieses Cultural Jamming weist also hin auf die weltweite Macht, die Global Player heute längst besitzen. Alfredo Jaars Arbeit „A Logo for America“, 1987, schließlich diskutiert ähnliches mit sprachkritischem Verve. Diese im Stil einer Leuchtreklame konzipierte Animation wurde auf dem New Yorker Times Square installiert. „This is not America“ ist da zunächst lesen, im Hintergrund leuchten die kartographischen Umrisse der USA. Am Ende der Animation steht da lediglich noch „America“ geschrieben, abgebildet ist dann die Karte von Nord- und Südamerika. Alfredo Jaar thematisiert hier, dass „Amerika“ ein Synonym für die USA geworden ist, Südamerika aber in dieser Vereinfachung gezielt weggelogen wird. So weist diese engagierte Installation ebenfalls hin auf die imperialistische Dimension des westlichen Kapitalismus. Der Direktor des Kunstmuseum Wolfsburg Ralf Beil hat jüngst angekündigt, das Programm seines Hauses werde in Zukunft politischer werden. „Dark Mirror“ ist ein erster Schritt dahin, nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Mehr Texte von Raimar Stange

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Dark Mirror. Lateinamerikanische Kunst seit 1968
27.09.2015 - 31.01.2016

Kunstmuseum Wolfsburg
38440 Wolfsburg, Porschestraße 53
Tel: +49(0) 5361- 26690, Fax: +49(0) 5361- 266966
Email: info@kunstmuseum-wolfsburg.de
http://www.kunstmuseum-wolfsburg.de
Öffnungszeiten: Di-So 11-18 h


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: