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Qualität setzt sich durch

Manchmal scheint es, als wäre der Kunstbetrieb gerade eine riesige archäologische Ausgrabungsstätte. In seiner aktuellen Ausgabe berichtet „Monopol“ von der Transgender-Künstlerin Greer Lankton, deren Wiederentdeckung längst überfällig sei. Nur wenige Seiten weiter hinten widmet sich das Heft Lea Lublin: Das lange Zeit unterbewertete Werk der Performerin wird nun im Münchner Lenbachhaus neu aufgearbeitet. Bei der Biennale Venedig 2013 wurden prominent die –fast – abstrakten Bilder der Hilma af Klingt präsentiert, die wenige Jahre zuvor außerhalb Schwedens weitgehend unbekannt war. Vivian Maier, einst Kindermädchen von Beruf, wurde nach ihrem Tod 2009 zur Protagonistin zweier Dokumentarfilme, ihre Street Photography stellten renommierte Galerien aus. Die Albertina zeigt erstmals in diesem Umfang in Österreich die wirklich sehr erstaunliche Lee Miller. Die Kunsthalle Krems entdeckte Martha Jungwirth neu, das Museum der Moderne in Salzburg Ana Mendieta, zumindest für den deutschsprachigen Raum. Ein echter Hort der neu bewerteten Künstlerinnen ist die Sammlung Verbund (Birgit Jürgenssen, Renate Bertlmann). Kuratorinnen des Centre Pompidou sahen sich in den Depots um und richteten 2009 mit den ständig übersehenen Künstlerinnen die epochale Schau „elles@centrepompidou“ ein. Auch das Lentos bewies, bereits fünf Jahre zuvor, mit der Ausstellung "Paula's Home" , welche erstaunlichen Bestände an Kunst aus weiblicher Hand es besitzt. Und das alles ist nur ein Auszug aus der langen Liste jener Künstlerinnen deren Oeuvre in den vergangenen zehn Jahren ausgegraben wurde. Tolle Künstlerinnen, tolle Kunst, und meistens noch eine glamouröse, aufregende oder zumindest irgendwie schräge Biografie. Genug Stoff für schöne Ausstellungen und spannende Recherchen. Das ist die eine Seite. Die andere Seite, diejenige, die immer raunzt und jammert, fragt allerdings: Hallo? Was war denn da los, die ganze Zeit? Jetzt erst, im beginnenden 21. Jahrhundert, entdecken wir diese mutigen Kriegsfotografinnen und revolutionären Performancekünstlerinnen? Ein gern bemühter Allgemeinplatz besagt, dass sich Qualität immer durchsetze. Keine Ahnung, ob das stimmt, vielleicht. Fragt sich nur: Wann? Im fortgeschrittenen Alter (wie Jungwirth) oder doch erst nach dem Tod (wie Maier)? Die bittere Nebenbeobachtung an dieser Front: Noch immer und nach wie vor sind Künstlerinnen schlichtweg unterrepräsentiert. Die Guerilla Girls lieferten im Frühjahr bei ihrer Performance im Semperdepot dazu eindrückliches und deprimierendes Zahlenmaterial. Darüber lassen auch all die Schatzfunde nicht hinwegsehen.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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