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Drawing Now: 2015: Keine Abstriche machen?

Das Medium Zeichnung steht in der Ausstellung „Drawning now“ auf dem Prüfstand. Den breit angelegten Test besteht das altehrwürdige, vielleicht zeitlose Medium mühelos. Dabei zeigt die Übersichtsausstellung in der Wiener Albertina beinahe nebenbei wo heute die besondere Stärke der Zeichnung liegt. Anders als die gleichzeitig stattfindenden Zeichnungs-Ausstellung „Walk the Line“ im Kunstmuseum Wolfsburg konzentriert sich „Drawing now“ auf Zeichnungen, die quasi traditioneller Natur sind, sich also z. B. überwiegend auf Papier ereignen. Und anders als die Wolfsburger Ausstellung, die dennoch sehenswert ist, sind in der Albertina auch explizit politische Arbeiten zu sehen, dazu später mehr. Ein „breites Spektrum aktueller Tendenzen der Zeichenkunst“ will „Drawing now“ zeigen, was der Kuratorin Elsy Lahner durchaus gelingt. Unter Rubriken wie „Zeichnen im Alltag“, „Zeichnen als kollaborativer Akt“ und „Zeichnen als Performance“ sind da Arbeiten von KünstlerInnen wie Tomma Abs, Dan Perjovchi und Andrea Bowers, von Robin Rhode, Paul Sietsma und David Shrigley präsentiert. Letzterer begrüßt den Besucher mit seinem Zeichentrickfilm „Light Switch“, 2005, der verschmitzt das „on“ und „off“ eines Lichtschalters vorführt, wird dieser auf „off“ gestellt, dann ist plötzlich nicht mehr der Schalter, sondern lediglich eine schwarze Fläche zu sehen. Tomma Abs zeigt ihre ein wenig an die Kunst der 50er Jahre erinnernden abstrakt-geometrischen Zeichnungen und Fritz Panzer gleich neben der zum Ausstellungsraum führenden Rolltreppe ein filigranes Modell einer solchen, die Linien dieser 3D-Zeichnung sind verknüpft aus Draht. Unterschiedliche Modi von Zeichnungen stehen also nebeneinander und zum Vergleich freigegeben in der Ausstellung. So auch Arbeiten von Paul Sietsma, der in seinen „Painted Coins“, 2014, den Trompe-l’oeil-Effekt, den hyperrealistische Zeichnungen entfalten können, malerisch verfremdet zur Diskussion stellt. Robin Rhode dagegen stellt in seiner eine Performance dokumentierenden Fotoarbeit „A Spanner in the Works of Infinity“ einmal mehr einen Zusammenschluss von Wand, Körper und Graffiti her. Gerade die Einfachheit des „Apparatprogramms“ (Vilem Flusser) der Zeichnung macht diesen so unterschiedlichen Einsatz des Mediums möglich. Vor allem aber wird es spannend, wenn sich die KünstlerInnen von „Drawing now“ politischen Themen zuwenden. So z. B. Andrea Bowers in ihrer Serie „May Day March, Los Angeles 2012", die Teilnehmerinnen des internationalen Arbeiterprotestes vorstellt. 2012 nutzte bekanntlich die Occupy-Bewegung den „May Day“ um auf soziale Ungerechtigkeiten hinzuweisen und zu einem Generalstreik in den USA aufzurufen. Andrea Bowers nun hat in, auf dem ersten Blick wie brave Buntstiftzeichnungen anmutenden, Porträts Protagonisten dieses Protestes ins Bild gesetzt, etwa ein junge Frau, die ein mit „People Before Profits“ beschriftetes Schild vor sich her trägt. Oder da erscheint eine blonde „Schönheit“ die auf einem Banner ihre „Transgender Sisters“ grüßt. Gewohnt intelligent-aggressiv sind auch die cartoonartigen Strichzeichnungen von Dan Perjovchi, der in seiner Installation „Chalk Reality – Wien Style“, 2015, ebenfalls aktuelle Protestkultur, aber auch den Verfall „unserer“ Demokratie thematisiert. Da schlägt ein Demonstrant den Anderen mit einer Flagge ins Gesicht, da sind Wortspiele wie „The Politics of Melange“ zu lesen und da steht Sancho Pansa vor einer „Armee“ von Windrädern und sagt lakonisch „Fuck“.
Mehr Texte von Raimar Stange

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Drawing Now: 2015
29.05 - 11.10.2015

Albertina
1010 Wien, Albertinaplatz 1
Tel: +43 1 534 83 -0, Fax: +43 1 533 76 97
Email: info@albertina.at
http://www.albertina.at
Öffnungszeiten: Tägl. 10-18h, Mi 10-21 h


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