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Jan Peter Hammer - Tilikum: Programmierung als Programm

Im Zentrum von Jan Peter Hammers Einzelausstellung bei Suppertico Lopez steht die Videoarbeit „Tilikum“, 2013. Ausgangspunkt dieses auf den ersten Blick dokumentarisch anmutenden Videos ist ein tödlicher Unfall, der sich 2010 in dem SeaWorld-Themenpark in Orlando/Florida ereignet hat. Ein Orca-Wal mit dem Namen „Tilikum“ hatte damals eine Tiertrainerin ins Wasser gezogen und getötet. Die 40 Jahre alte Frau war bereits das dritte Opfer des Orcas. Die auf Belohnung und Entzug basierenden Dressurmethoden, die diese Tiere tagtäglich ausgesetzt sind, sind für Hammer so etwas wie eine Paradebeispiel für die Verbindungen von Wissenschaft, Behaviorismus, Pragmatismus und Ökonomie, die gerade in den USA letztlich in der Idee münden, Leben und Lernen sei programmierbar. „Tilikum“ wurde zum Teil in dem SeaWorld-Themenpark gedreht, aber auch Found-Footage aus Nachrichtenbilder, wissenschaftlichen Filmen, alten Zeichnungen und Fernsehserien z. B. sind in dem 45 Minuten langen Video vom Künstler intelligent montiert und stellen so besagte Bezüge zwischen Tierwelt und menschlichen Systemen her. Spannend ist da etwa die Vorstellung des US-amerikanischen Philosophen und Neurologen John C. Lilly Meeressäugern das Sprechen beibringen zu können. Oder es werden Parallelen von Behaviorismus und den Foltermethoden in Guantanamo von Hammer vorgeführt. Und noch der Geschichte des ersten SeaWorld-Themenparks, zu dessen Gründern 1938 ein Enkelsohn des russischen Schriftstellers Tolstois gehörte, wird in „Tilikum“ nachgegangen. Auch die anderen Arbeiten der Ausstellung drehen sich um das in „Tilikum“ diskutierte Thema. Da liegt etwa die Skulptur „One World“, 2013, im Ausstellungsraum, die einen lebensgroßen Taucheranzug für einen Orca-Wal darstellt und so eine absurde Gleichschaltung von Tier und Mensch vornimmt. Oder da ist ein 16 Minuten langes Interview mit Richard O'Berry zu hören, einem ehemaligen Tiertrainer, der später zum Tierrecht-Aktivisten wurde. Auch wenn die Bedeutung des Behaviorismus in „Tilikum“ ein Gewicht bekommt, der ihm kaum zusteht - man denke nur an die überzeugende Kritik an einer rein passiven, quasi pawlowschen Medienrezeption durch die Cultural Studies - so ist die Ausstellung doch in sich schlüssig und streckenweise faszinierend.
Mehr Texte von Raimar Stange

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Jan Peter Hammer - Tilikum
17.01 - 21.02.2015

Supportico Lopez
10785 Berlin, Kurfürstenstrasse 14/b
Tel: +49 30 31989387
Email: info@supporticolopez.com
http://www.supporticolopez.com/?


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