Werbung
,

Franz Xaver Ölzant. Idee - Prozess - Form: Die heitere Disziplin

Schon eine „normale“ Ausstellung ist immer auch eine Werkschau ausserhalb des Ateliers (wo die Werke entstanden und daher vertraut sind) und bedeutet für den Künstler sowohl ein sich aussetzen, wie einen Einblick in den schöpferischen Prozess geben, sind doch plötzlich die Werke losgelöst und müssen sich behaupten als einzelne Objekte im fremden Raum vor fremdem Blick. Wie viel mehr bedeutet es daher sich einer retrospektiven Ausstellung auszusetzen, wie zurzeit Franz Xaver Ölzant im Landesmuseum in St. Pölten mit „Idee – Prozess – Form“. In gewisser Weise erfordert eine Retrospektive für einen Künstler ein Wagnis und sowohl Selbstbewusstsein wie Mut den Weg, den er gegangen ist vom Beginn bis zum Jetzt vor sich selbst und vor Publikum offen zu legen. Es geht letztlich ja auch um die Überwindung der Isolierung, ja der Einsamkeit, in der Werkstatt. Eindrucksvoll beweist die sorgfältig und klug aufgebaute Ausstellung diese Entfremdung der Werke und ihre Freiheit als eigenständige Objekte und zeigt wie diese sich behaupten. Vor diesem kritischen – nämlich auch selbstkritischen – Blick wird das einzelne Objekt zum Markstein einer langen Entwicklung. Deshalb ist es legitim und richtig die Ausstellung chronologisch aufzubauen. Der Künstler selbst kann seine Entwicklung nachvollziehen und das Publikum kann dem Weg folgen, den der Bildhauer gegangen ist. Man kann also durchaus verstehen, dass Künstler vor einer solchen Konfrontation mit ihrem Werk sogar Angst haben. Auch Franz Xaver Ölzant hatte diese gewisse Angst und er musste von den Kunsthistorikerinnen Alexandra Schantl und Elisabeth Voggenhuber erst überredet werden zu dieser Ausstellung. Nicht jede Retrospektive eines lebenden Künstlers ist aber auch gleich eine abschließende Angelegenheit, bei Ölzant soll es jedoch eine sein. Bereits vor ein paar Jahren entschied er, seine Arbeit zu beenden. Oder vielleicht besser gesagt: er empfand seine Arbeit als abgeschlossen. Er wollte nichts mehr dazu tun und was er zu sagen hatte, war gesagt. Mit dem Zitat: „Ich hab‘s G’fühl, ich hab g’sagt, was ich sagen will“, beginnt beispielsweise der Text im Katalog. So hat er das zumindest empfunden und deutlicher kann man es nicht sagen, was ihn aktuell bewegt. Und als ich ihn fragte, ob er nicht doch wieder Lust zum arbeiten bekommen habe, wenn er seine Werke in ihrer logischen Entwicklung sieht? Meinte er: „nein, jetzt gerade nicht, es ist abgerundet“. Die Ausstellung befasst sich mit 60 Jahren Bildhauerei. Es war immer nur die Bildhauerei, die Ölzant anregte zum Tun, nie die Malerei, ja kaum die Zeichnung. Und es war besonders der Stein, der ihm wichtig war. Ölzant lebt im Waldviertel, nahe den ungewöhnlichen Steinen dort und er empfand diese wie verwandte Seelen. Er tat nur ein Weniges dazu, eine kleine Intervention, einen Kreis, ein paar Rillen. Wichtig war ihm auch die Form zu finden, in der er die Steine anordnen wollte, in einer langen Reihe, oder im Kreis, sie sollen sich nicht von der Natur unterscheiden. Er wollte sie nur mit einem Zeichen versehen, das war ihm dann schon wichtig. Geboren wurde Ölzant 1934 im steirischen Oberzeiring, er studierte bei Hans Knesl – einem der beinahe vergessenen, aber wichtigen Bildhauer Österreichs – an der Hochschule für angewandte Kunst und er lebt und arbeitet in Pfaffenschlag im Waldviertel. Ölzant war von 1986 bis 2001 Professor für Bildhauerei an der Akademie der bildenden Künste. Ausstellungen in Galerien, u.a. Galerie Jünger in Baden, und Museen, u.a. Rupertinum in Salzburg und Bildhauersymposien machten ihn international bekannt, so war er in St.Margarethen im Burgenland dabei und in Prilep in Mazedonien, in Kaiserslautern in Deutschland und in Kawasaki und Hiroshima in Japan. Auch wenn er hauptsächlich mit Stein gearbeitet hat, so kann man nicht sagen, dass er ausschliesslich Steinbildhauer ist. Seine Arbeiten schuf er in unterschiedlichstem Material von Ton bis Eisendraht, von Aluminium und Bronze bis Gips, er experimentierte mit Körperhaftem und Reliefartigem, er gestaltete Dekoratives und Abstraktes, er erprobte sich an kleinen Objekten wie an monumentalen Formen. Spürbar ist bei allen seinen Werken eine Nähe zur Natur, zu ihren Strukturen und zu ihrer gewachsenen Logik. Er spürt ihr nach, ohne je unmittelbar gegenständlich zu werden. Seine Arbeit fängt Vieles ein: nicht nur die Beobachtung und die Achtung vor der Natur, sondern auch einen unausgesprochenen geistigen, sensitiven und spirituellen Hintergrund. Manche seiner Arbeiten gemahnen an Organisches, andere an Biomorphes, manches an Strenge und hohe Disziplin, manches andere auch an Heiter-Bacchantisches, das allemal auch in der Natur erfahrbar und erlebbar ist. Vieles bleibt auch Geheimnis, das nicht zu erklären und zu ergründen, sondern nur mit jenem stillen Einvernehmen zu erkennen ist, das allemal da eintritt wo sich Kunst und Betrachter wortlos treffen. Franz Xaver Ölzant lässt sich ein in eine Welt, wie er sich diese vorstellt. Es ist nicht die Natur, sondern seine. Aber seine Gedanken sind nie eitel, wollen nie einen Zeitgeschmack bedienen, sie sind von ganz besonderer Art, die sich auch nicht wirklich an die Geschichte der Bildhauerei, so wie sie in Österreich Tradition ist, vom Barock bis zu Hrdlicka einordnen lässt, auch international ist er eher eine singuläre Erscheinung, auch wenn manches an Giacometti oder an Zadkine erinnern mag. So zeigen uns die Ausstellung und der Katalog zwar einerseits den Weg eines Ausnahmekünstlers, aber auch den Weg eines Außenseiters, der seine eigene Form erfand und sich immer wieder im prozesshaften Tun erneuerte.
Mehr Texte von Angelica Bäumer

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Franz Xaver Ölzant. Idee - Prozess - Form
28.03 - 23.08.2015

Landesmuseum Niederösterreich Shedhalle
3100 St. Pölten, Kulturbezirk 5
Tel: + 43 2742 90 80 90
Email: office@zeitkunstnoe.at
http://www.zeitkunstnoe.at
Öffnungszeiten: Di-So 9-17 h


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: