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Amos Gitaï: An der Schnittstelle der Erinnerung

Wer die Ausstellung von Amos Gita ï in der Salzburger Galerie Thaddaeus Ropac betritt, stößt zunächst auf eine Reihe großer Fotografien in einem gelängten Hochformat: Kleiderbügel, nicht wirklich zuordenbare dunkelblau-graue Flecken, eine Jacke, eine Schnur, die quer über die Bildfläche verläuft. Die Objekte auf den Fotografien scheinen sich gleichermaßen zu offenbaren und zu verstecken, wechseln vom Gegenständlichen ins Abstrakte, drücken sich in Ecken oder besitzen unbestimmte Texturen. Erst später erschließt sich die Bedeutung dieser Arbeiten: In seinem 17-minütigen Film „Before & After“ verarbeitete Gita ï 1974 sein Lebenstrauma – ein Jahr zuvor war der Künstler während des Jom-Kippur-Kriegs bei einem Flugzeugabsturz beinahe getötet worden. Die Jacke, die er damals trug, setzte er nun wie einen Protagonisten in seinem Film ein – als leere Hülle, der ihr Träger abhanden gekommen ist, baumelt sie nun an einem Haken, Blutflecken erinnern an das furchtbare Ereignis. Diese Bilder wechseln sich ab mit solchen, in denen man den Künstler unbeschwert mit Freunden sieht, mit Luftaufnahmen aus der Gegend des Absturzes, in denen Felder abstrakte Muster bilden. Diese frühe experimentelle Arbeit des 1950 geborenen Gita ï, der heute in Paris und Haifa lebt und als vielbeschäftigter Filmregisseur bereits mit Jeanne Moreau und Juliette Binoche arbeitete, besticht durch ihre malerische Qualität und ihren behutsamen Tonfall, der das Ereignis weniger in seiner Schrecklichkeit in den Vordergrund stellt, sondern es als Schnittstelle in der Erinnerung (ähnlich einer Geburt oder dem Tod eines geliebten Menschen) fasst und diese mittels einzelner Elemente wie der Jacke und der Landschaft auslotet. Einen ähnlich malerischen Effekt besitzt der zwei Jahre vorher entstandene Film „Black is White“ – ein Auto nähert sich im Finstern auf einer nassen Straße dem Betrachter, zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion pendelnd, ein kleines, stilles Werk, das Gitais künstlerisches Interesse an Stofflichkeit, an Licht und Schatten dokumentiert. Die Ausstellung zeigt Amos Gita ï erstmals in Österreich in einer Soloshow als Künstler; bleibt zu hoffen, dass seine leisen, sensiblen Arbeiten bald öfter zu sehen sind.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Amos Gitaï
24.01 - 14.03.2015

Galerie Thaddaeus Ropac
5020 Salzburg, Mirabellplatz 2
Tel: +43 - 662 881 393, Fax: +43 - 881 39 39
http://ropac.net
Öffnungszeiten: Im August Mo-Sa 10-18 h
Di-Fr 10-18, Sa 10-14 h


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