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Frieze London: Heller als die Sonne

Die Frieze strahlt in vollem Glanz, im Wortsinne. Um ihrem schleichenden Bedeutungsverlust zu begegnen, fährt die Messe schweres Geschütz auf: Ein neues Beleuchtungssystem erlaubt statt der gleichmäßigen indirekten Beleuchtung jetzt individuelle Lösungen mit Tageslichtstrahlern. Alleine 60 davon machen aus dem Stand der Londoner White Cube Gallery nicht nur einen weißen, sondern einen gleißenden Kubus, in dem die Kunstwerke fast wie Fremdkörper wirken. Das ist nicht die einzige Neuerung. Der notorisch wacklige und unebene Zeltboden wurde aufgwertet, das vordere Zelt noch etwas angehoben, so dass der Besucher nach der bekannten Rampe noch eine steile Treppe erklimmen muss, bevor er durch einen schwarz emporragenden Aufbau einen langen schwarzen Tunnel zur Messe durchschreiten darf. Die praktische Lösung wurde so mit Bedeutungshuberei durchtränkt, dass es wie ein verzweifelter Versuch wirkt, dem verblassenden Glanz der Frieze etwas von der Gravitas der edlen Schwester Frieze Masters einzuimpfen. Damit ist es allerdings vorbei, sobald man die Messe selbst betritt. Als allerererstes fällt Gagosians Stand ins Auge, den Carsten Höller mit seiner begeh- und bespielbaren Installation "Gartenkinder" tatsächlich in einen Kindergarten verwandelt hat. Ein besseres Bild für die Frieze hat sich noch kein Galerist einfallen lassen. Die in auffallender Dichte über die Messe verteilten Performances tragen ebenfalls nicht unbedingt dazu bei, sie seriöser wirken zu lassen. Verwirrend ist das gedrehte Layout - die Laufrichtung ist jetzt nicht mehr längs sondern quer, die Positionierung der Galerien kräftig durcheinandergewirbelt, nur bei den jungen Positionen geht es wieder in Längsrichtung. Das soll wohl alles neu und frisch aussehen, doch die ungewohnte Präsentation macht das Angebot nicht besser. "Langweilig" lautet das meistgehörte Urteil unter den Besuchern. Tatsächlich wirkt die oft lieblose Präsentation bekannter Namen in vielen Fällen etws hilflos. Gerade die wenigen gelungenen Stände führen das nur allzu deutlich vor Augen. Der Stand von Hauser & Wirth aus London und Zürich gehört dazu. Der salonartige Stand schottet sich durch Wände weitgehend vom Drumherum ab. Innen ist er in eine rot und eine grün gestrichene Hälfte unterteilt. Wild gemischt, wie ein Salon der Jahrhundertwende ist der Stand voller Kunst. Je eine Hälfte steht unter dem Motto "Conscious" oder "Unconscious". In einer Ecke sitzt ein schwarzer Wachmann auf einem Stuhl und schläft. Den ganzen Tag. Mit der Zeit weist die grüne Wand, an der sein Kopf lehnt, deutliche Spuren auf. Das Werk ist von Christoph Büchel. Daniel Buchholz hat eine Art Isa Genzken-Gedächtnisraum eingerichtet, unter anderem mit einem Beton-Fenster von ihr und einem lebensgroßen Portrait-Foto, das ihr Freund Wolfgang Tillmans angefertigt hat. Ansonsten geht die Prinzipienlosigkeit dieser Messe für zeitgenössische Kunst so weit, dass Marian Goodman auch mal eine wandfüllende Arbeit von Chrtistian Boltansky aus dem Jahr 1991 an der Außenseite ihrers Standes zeigen kann. Bei der jungen Sektion Focus ist es anscheinend der Zulassung förderlich, wenn man als Expat eine Galerie in Berlin unterhält, wie Silberkuppe, Mathew Gallery und Dan Gunn demonstrieren. Ansonsten sind hier weitgehend die altbekannten Namen zu finden. Und Croy Nielsen aus Berlin haben es von der Sunday hierher geschafft. Die Luft scheint jedenfalls weitgehend raus zu sein bei der Frieze, und wenn die Messe sich nicht gründlich neu erfindet, könnte das helle Strahlen auch als letztes Aufflackern gesehen werden.
Mehr Texte von Stefan Kobel

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Frieze London
15 - 18.10.2014

Frieze Art Fair
NW1 4RY London, Regent`s Park
Tel: + 44 (0)20 7025 3970, Fax: +44 (0)20 7025 3971
Email: info@friezeartfair.com
http://www.friezeartfair.com


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