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Blitzlicht Innsbruck – September 2014

Die Bergwelt, diese irgendwie schräg willkürlich bizarr steinern aufragenden Massive, ist an sich beeindruckend. Wenn mensch sie nicht der Natur zuordnen würde, viel abstrakter, expressiver, monumentaler könnte auch künstlerisch formendes Genie nicht kreieren. Und dann Daniel Richter in der Galerie im Taxispalais in einer Überblicksschau der letzten 15 Jahre. Man stürzt hinein in Farbwucht, Grellheit, Tumulte von Menschen gebannt auf große Leinwand, Gesichter grimassenhaft reduziert auf leere Augenkreise, Nasenstrich und Mundloch. Hier ein Miteinander-Gegeneinander oder Wer-mit-Wem einer aufgewühlten „bugly“ (good, bad & ugly) „Gesellschaft“ – etwa in Jawohl und Gomorrah (2001). Daneben „ruhigere“ Bilder - ein quasi exemplarisches Einzelschicksal der Tristesse, die schiere, nackte Ausweglosigkeit in Poor Girl (2005) - oder aber klare, fokussierte Szenen, reduziert auf ein, zwei Personen und ihre Befindlichkeiten, denen eine gewisse Düsterkeit, Abwegigkeit, Sich-Selbst-Überlassenheit gemein ist, etwa in The Message (2014). – Die Thematiken, durchaus von realen weltlichen Verhältnissen inspiriert, dräuen allesamt nichts Gutes, das gönnt Richter sich und den Betrachtern nicht. Bestenfalls etwas Fabelhaftes vgl. Es liegt aber, sagte der Wolf, nicht in meiner Natur Dir zu helfen (2011), Märchenhaftes (Wolkensitz oder Fliegender Teppich?), (Alp)Traumhaftes. - Endzeitstimmung? Mitnichten, lässt der Künstler im Interview verlauten, eher „schlechte Laune“! Das heißt, die Bilder spiegeln seine Befindlichkeit wider?! Die Malerei an sich, unabhängig vom Sujet, lässt viele Stimmungen und deren Expression ablesen: Da ist normal malerischer, gelenkt figurativer Gestus, kombiniert oder jäh gequert von exakten Geraden, da werden Latten angelegt, strenge Geometrie, kein Impuls, sondern Konstruktion! Es tauchen dicke, „fette“ pastose Batzen in den Bildern auf, ebenso lasierende, vielschichtige Flächen, es wurde geschabt, gespayt, verwischt und konturiert, rinnen gelassen oder der Pinsel verspielt-verträumt zu strahligen Blüten im Kreis geführt, ein „Hippie-Muster“ auf dem Overall... Von 2010 bis 2012 hat Daniel Richter eine Phase, die malerisch heraussticht: Feingliedrige, netzartige Linien, in teils zittriger Parallelität, bilden Gebirge, spektakuläre Kulissen, aber auch die faltige Struktur einer Burka. – Diese malerische Vielfalt ist wie ein Blick hinter die Kulissen der offensichtlichen Bildthemen, wie eine zweite Ebene, nämlich die direkte Spur zu den „Launen“ des Künstlers. Nur ein paar Schritte weiter im Kunstraum Innsbruck eine andere Konfrontation mit den Abgründen des Sozialen, der Ausstellungstitel kündigt es bereits an: Todbringendes Licht. Die spanische Künstlerin Cristina Lucas hat in mehrjähriger Recherche weltweit sämtliche Kriegsschauplätze mit Luftangriffen auf die Zivilbevölkerung seit 1912 registriert und zeigt damit die zerstörerische Kehrseite der Verwirklichung des „Traums vom Fliegen“ auf. Indem sie Datum, Ortsname bzw. symbolische Detonation auf der Landkarte und zugehöriges Bilddokument zu einer Drei-Kanal-Video-Installation kombiniert, liefert Lucas eine nicht enden wollende Geschichte der Bombardements. Alle zweieinhalb Sekunden kippt die Dokumentationsaufnahme von einem Schreckensbild zum anderen - über vier Stunden lang. Diese Verdichtung ist absolut geeignet, höchste Anschaulichkeit und Eindringlichkeit zu erzeugen. Über die Dauer bekommt sie einen didaktischen, mechanisch abarbeitenden Duktus, was eher untypisch ist für die Künstlerin, die in ihren sozial/politischen Arbeiten sonst durchaus lustvoll angriffig bzw. ironisch agiert. Noch ein Blick – ein Rückblick - auf eine Ausstellung im September in der Galerie im Andechshof. Die vom Kulturamt der Stadt Innsbruck betriebene Galerie zeigt Positionen junger KünstlerInnen wie Bianca Larch (1986, Rum bei Innsbruck). Mit Doppelprojektionen schafft die Künstlerin faszinierend-zwiespältige Neuwelten und betitelt ihre Schau auch vage ortsbezogen „h e r e sometimes t h e r e”. In der gezeigten Auswahl lässt sie Architektonisches mit Textilem interferieren: Weißer Stoff (Vorhang, Kleid, Spitze...) fungiert quasi als Leinwand, ist jedoch durch die jeweilige Faltenstruktur kein neutraler Fond, auf den die Aufnahmen von Wänden, Tapeten, verwitternden Mauern unbeeinflusst projiziert werden können, sondern diese „Leinwände“ werden bildaktiv. Ein reizvolles Vexierspiel. Daniel Richter – Chromos goo bugly 13. September – 23. November 2014 Galerie im Taxispalais Maria-Theresien-Straße 45 6020 Innsbruck Austria T +43 512 508 3171 F 508 74 3175 taxis.galerie@tirol.gv.at www.galerieimtaxispalais.at Cristina Lucas - Todbringendes Licht 06. 09. – 31.10. 2014 Kunstraum Innsbruck Maria-Theresien-Straße 34 / Arkadenhof 6020 Innsbruck, Austria T +43-512-584000 office@kunstraum-innsbruck.at www.kunstraum-innsbruck.at Bianca Larch - h e r e sometimes t h e r e 04. – 21. September 2014 Galerie im Andechshof Innrain 1 6020 Innsbruck Tel.: +43 512 5360 1651 stadtgalerie/galerie-im-andechshof
Mehr Texte von Aurelia Jurtschitsch

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