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territorien: An die Decke und darüber hinaus

Eine vielschichtige, gleichzeitig kompakte Ausstellung präsentiert der < rotor > im Rahmen des heurigen steirischen herbst. Bei „Territorien“ geht es in Positionen von sieben KünstlerInnen um das Besetzen, Besetzt halten, das Ausschließen und das in Anspruch nehmen von Räumen, Landschaften und Ressourcen. So unterschiedlich die gezeigten Arbeiten sind, so sehr bereichern sie einander auf verschiedensten Ebenen. Schon der Eingangsbereich der Galerie, der von der Arbeit „53,31 m² Absperrbretter“ von Ovidiu Anton quasi besetzt ist, erschüttert die gewohnte Wahrnehmung, denn die hier aufgebaute Tribüne bildet eine raumgreifende Barriere, die zwar überwunden werden kann, aber doch sehr massiv und einschüchternd wirkt. Die Mutigen wagen sich darüber, für die Verzagteren gibt es noch den Eingang durch das Stiegenhaus. Im Übersteigen der Barriere derweil ergeben sich nicht nur ein neuer Standpunkt und damit eine neue Perspektive, sondern auch die einmalige Gelegenheit bis an die Decke des meterhohen Altbaus greifen zu können. Dahinter eröffnen sich die weiteren Arbeiten, die Aspekte von territorialer Inklusion und Exklusion, nicht nur im Raum, sondern auch in der Sprache – Lerato Shadis „Selogilwe“, ein elegisches, sieben Stunden dauerndes Video – aufgreifen; die Vermessenheit der Landnahme im ganz wörtlichen Sinn – Tim Sharps „Chain Reaction“, das Assoziationen einer Dornenkrone hervorruft –; die Grenzüberschreitung von öffentlich und privat – Gaby Steiners „Public Home“ –; oder aber das Spannungsfeld von melancholisch, sentimentaler Bildsprache gegenüber brutalem territorialem Konflikt – Gamlet Zinkovskys Zyklus „Awaiting the War“. Die Brutalität des territorialen Übergriffs bringt Mark Boulos mittels einer Videoinstallation auf die wirtschaftliche, kapitalistische Ebene. Seine Dokumentation aus dem Niger-Delta veranschaulicht wie sich die großen Ölfirmen an den Bodenschätzen des afrikanischen Kontinents bereichern und dabei den dort lebenden Menschen jegliche Lebensgrundlage entziehen. Die Eindringlichkeit der Gegenüberstellung der Bilder von ekstatischen Männern im nigerianischen Dschungel auf der einen Seite und an der größten Rohöl verkaufenden Börse in Chicago auf der anderen Seite lässt einem die Gänsehaut auffahren und sehr nachdenklich werden. Der Umgang der Menschen mit Menschen, mit der Erde, die nach Rousseau keinem Einzelnen gehört, und deren Ressourcen wird in dieser Ausstellung klar artikuliert, thematisiert und in wunderbaren künstlerischen Arbeiten dargestellt. Man ist versucht an die Decke zu greifen und Veränderung herbeizuwünschen.
Mehr Texte von Nora Theiss

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territorien
28.09 - 22.11.2014

< rotor > Verein für zeitgenössische Kunst
8020 Graz, Volksgartenstraße 6a
Tel: 0043 / 316 / 688306, Fax: 0043 / 316 / 688306
Email: rotor@mur.at
http://rotor.mur.at
Öffnungszeiten: Mo-Fr 10-18 Uhr, Sa 12-16 Uhr


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