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Sigmund Freud und das Spiel mit der Bürde der Repräsentation. Eine Installation von Joseph Kosuth: Ein Irrtum aus psychoanalytischer Sicht

Zum 75. Todestag von Sigmund Freud zeigt das 21er Haus unter dem verwirrenden Titel „Sigmund Freud und das Spiel mit der Bürde der Repräsentation“ eine Installation des amerikanischen Konzeptkünstlers Joseph Kosuth. Am 23.9.1939 ist Sigmund Freud, der Begründer der Psychoanalyse in seinem Exil in London 83 jährig an Zungenkrebs verstorben. Von den Nazis aus Wohnung und Ordination in der Berggasse vertrieben, gab er 82 jährig der BBC ein Interview in dem er meinte, er wäre nach England gekommen um in „Freiheit zu Sterben“. Dieses Interview war am heurigen Todestag im Stiegenhaus der Berggasse 19 zu hören. Ein wenig mehr über Freuds bemerkenswerte Biografie und die Methode der Psychoanalyse hätte man sich durchaus auch für die Ausstellung im 21 Haus wünschen können. Statt dessen installierte Joseph Kosuth einen Parcours von Kunstwerken auf seinem Stellsystem „Zero & Not“, das bereits zum 50. Todestag von Sigmund Freud in dessen Wohnhaus zur Anwendung kam. Es handelt sich dabei um große weiße Stellwände, die mit Auszügen aus Werken von Sigmund Freud beschrieben sind. Die schwarzen Sätze werden mit breitem schwarzem Strich durchgestrichen und der Inhalt bleibt damit unleserlich. Auf diesen Wänden, die eine Art Ausstellungsarchitektur bilden, hängte nun Kosuth Werke renommierter KünstlerInnen die scheinbar seiner Ansicht nach mit Psychoanalyse zu tun haben. Die Zusammenhänge sind dabei nicht immer klar ersichtlich. Und sie springen nicht immer so ins Auge wie bei der psychoanalytischen Couch von Hans Hollein oder der Reihe der Bibliotheken des Künstlerduos Clegg & Guttmann. Der Betrachter ist versucht Zusammenhänge zu konstruieren und diese bleiben dann oftmals seltsam platt, wie die Assoziationen zu den Fotografien zum Wiener Aktionismus eines Rudolf Schwarzkogler oder eines Günther Brus. Dass der Wiener Aktionismus viel mit verdrängten gesellschaftspolitischen Themen zu tun hat, ist mittlerweile eine Binsenweisheit. Auch sonst vermag dieser Künstlerreigen angesichts des mangelnden roten Fadens nicht zu überzeugen. Die einzelnen Arbeiten sind dabei oft von guter künstlerischer Qualität, der Zugang Joseph Kosuths zur psychoanalytischen Thematik erschließt sich aber nicht. Im Gegenteil, man hat fast den Eindruck als würde die Psychoanalyse dabei verschleiert und als Mysterium dargestellt werden. Dabei handelt es sich doch um einen erhellenden Weg, die Welt zu begreifen und sich in ihr zurecht zu finden. Jenny Holzer bringt in ihrer Metalltafel Theorie und Praxis der Psychoanalyse treffend auf den Punkt: „You can be a fat fighter of fascism if you never get off the couch and refuse to march in any direction. This isn`t the only struggle though.“ Vielleicht liegt die Schwäche der Ausstellung auch ein wenig in der Genese ihrer Zusammenstellung. Zum Teil sind Werke aus der Sammlung des Sigmund Freud Museums zu sehen, hinzu kamen Werke aus der Sammlung des Belvedere und zuletzt andere Leihgaben. Ein sehr schöner Raum ist mit Arbeiten von Francesca Woodman, allerdings sehr kleinen Silbergelatinabzügen, zu sehen. Diese Werke korrespondieren mit selten gezeigten Fotografien von Cindy Sherman. Die Frage wie sehr psychoanalytische Therapie künstlerische Tätigkeit obsolet machen kann, wird in dieser Ausstellung nicht gestellt. Und dennoch ist sie eine aktuelle und brennende Frage. Christian Boltanski, der wunderbare Seiltänzer zwischen menschlichen Abgründen, meinte einmal in einem Interview, „mache man ernsthaft Psychoanalyse, so interessiere den Künstler am Schluss nichts anderes mehr!“ Vielleicht wäre auch diese Problematik angesichts des 75. Todestages von Sigmund Freud interessant zu erörtern gewesen.
Mehr Texte von Susanne Rohringer

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Sigmund Freud und das Spiel mit der Bürde der Repräsentation. Eine Installation von Joseph Kosuth
19.09.2014 - 11.01.2015

Belvedere 21
1030 Wien, Schweizergarten/Arsenal-Straße 1
Tel: +43 1 795 57-0
Email: info@belvedere.at
http://www.belvedere21.at
Öffnungszeiten: Mi-So 10-18 h, Mi, Fr bis 21 h


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