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Adolf Wölfli.universum!: Stürzende Häuser, raufende Engel

Wie viele Räume brauchte man wohl, um ein solches Werk in seiner Gesamtheit zu zeigen? Adolf Wölfli, der wohl erste Art-Brut-Künstler überhaupt, produzierte, nun ja, wie verrückt: Seine fiktive autobiografische Erzählung „Skt. Adolf-Riesen-Schöpfung“ besteht aus 45 großen, von ihm selbst gebundenen Heften und 16 Schulheften, die 25.000 Seiten sowie 1600 Zeichnungen und 1600 Collagen beinhalten. Davon kann die Ausstellung im Museum Gugging nur eine Ahnung vermitteln, beschränkt sich Kurator Daniel Baumann doch auf 50 Werke, beginnend mit dem Jahr 1904 – eine kluge Entscheidung, da Wölflis Kunst ohnehin recht redundant ist. Sein Lebenswerk, das sich auf mehrere Serien (mit Titeln wie „Von der Wiege bis zum Graab“ oder „Geographische und Allgebräische Hefte“) aufteilt, spielt in einem Universum, als dessen Herrscher er sich betrachtete. Diese Fantasiekosmen werden von Zahlenkolonnen und säuberlich geschriebenen Textzeilen durchzogen, in denen sich die Narration entspinnt. Die Kompositionen besitzen eine gewisse Strenge, strukturiert von Bändern und Streifen, die sich ineinander verschlingen, überkreuzen, Kreise und Ovale bilden und innerhalb deren sich Köpfe, Masken, Häuser, Schnecken, Uhren, Kreuze, Sterne, Tore, Augen und Engelwesen tummeln – ein nie endender Fluss von Texten und Bildern. Da lugen schelmische Gesichter hinter Zierleisten hervor; anderswo erscheinen Gestalten, die einem mythisch-religiösen Ursprung zu entstammen scheinen – etwa eine Figur mit einem Speer in der Hand, der an beiden Seiten mit Spitzen bestückt ist. Im letzten Raum der Ausstellung zeigt man späte Arbeiten („Trauer-Marsch“), die nur aus Text und collagierten Elementen bestehen – vor allem Ausschnitten aus Zeitungen und Inseraten: das Bild der Bestattung einer Habsburger Monarchin steht neben einer Kaffeefilterwerbung; auch Anzeigen für Damenunterwäsche, Silberbesteck, Teekocher und Schokolade finden sich in diesen Papierarbeiten – die jedoch im Vergleich zu den bildgewaltigen Kosmen früherer Zeiten merkwürdig schlicht und flach wirken.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Adolf Wölfli.universum!
18.09.2014 - 01.03.2015

Museum Gugging
3400 Maria Gugging, Am Campus 2
Tel: +43 2243 87 087
Email: museum@museumgugging.at
http://www.museumgugging.at
Öffnungszeiten: Di-So 10-18 h


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