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Blow-Up: Die falsch verstandene Dekadenz

„The photographer in Blow Up, who is not a philosopher, wants to see things closer up. But it so happens that, by enlarging too far, the object itself decomposes and disappears.“ Antonioni „Blow Up“ zählt so wie viele von Antonionis Filmen zu den wichtigsten Werken der Filmgeschichte. Die Ausstellung in der Albertina hängt sich aber eher seinem Werk an, als dass es dieses beleuchtet, sie gleicht einer Anhäufung von zusammengetragenen Dingen, die einigermaßen nah an seinen Filmen dran sind. Der Mord im Film Blow Up ist nur der „rote Hering“, denn eigentlich handelt der Film von einem Mann, dessen Leben nur dann nicht in einem Morast aus Langeweile und Kitsch untergeht, wenn er an seinen Fotos arbeitet. Dies ist eben keine Feier des Glamours und der swinging Sixties, sondern die Dekonstruktion einer dehumanisierten Gesellschaft und der Warenkultur. Blow Up zeigt anhand seiner Charaktere das soziale Vakuum zwischen den Menschen. Denn Feste, Gespräche und Sex sind in Blow Up immer nur scheiternde Versuche von diesem Zustand zu fliehen. Genauso wie der Protagonist des Films, der die Fotografien immer mehr vergrößert, um eine (darin nicht enthaltene) Wahrheit in dem Fotokorn zu finden, so zerlegt die Ausstellung den Film. Die Überreste des Sezierungsaktes werden den BesucherInnen hier präsentiert. Gezeigt werden Fotos, die für Filme von Antonioni gemacht wurden, Marketingmaterial und einige Kunstwerke, die sich mit den Filmen von Antonioni beschäftigen. Die Fotos von Donald McCullin wirken wie aus dem Film gerissen, für den sie produziert wurden. Die einzelnen Arbeiten selbst sind zwar sehenswert, doch werden diese auch durch die überladende Ansammlung derart erdrückt, dass das Eingehen den BesucherInnen deutlich erschwert wird. Der Versuch, die Kunstwerke und Gegenstände miteinander in Verbindung zu bringen scheitert an der Beliebigkeit der Auswahl. Es ist, als hätten sich die Gegenstände, die durch Blow Up zusammengeschnürt wurden, im freien Fall über eine Landschaft verteilt. Ohne die filmische Zusammenstellung bleiben sie unkommentiert und gerade die Fashion- Fotografie ist nicht mehr als Beispiel der Dekadenz der 60er Jahre zu erkennen, sondern wird zur Appropation derselben. Wo Antonioni alle Elemente einer Situation zusammensammelt, um daraus ein größeres Ganzes zu erschaffen, so erinnert diese Werkauswahl eher an eine Anhäufung von Dingen, die nicht miteinander kommunizieren. Es ist, als würden die Objekte hier wie beim Turmbau zu Babel, alle etwas anderes aussagen und dies in unterschiedlichen Sprachen. Die Ausstellung gleicht weniger der Dekonstruktion des schönen Scheins der 60er Jahre, sondern einer Vivisektion, um den Glamour aus dem Leib des Filmes herauszuholen. Zurück bleibt eine leere Hülle, die nur dem Wesen des Hauptcharakters von Blow Up ähnelt.
Mehr Texte von Patrick Schabus

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Blow-Up
30.04 - 17.08.2014

Albertina
1010 Wien, Albertinaplatz 1
Tel: +43 1 534 83 -0, Fax: +43 1 533 76 97
Email: info@albertina.at
http://www.albertina.at
Öffnungszeiten: Tägl. 10-18h, Mi 10-21 h


Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
Rumgeschrödert !
DELAQUE | 05.08.2014 03:35 | antworten
Das war wirklich eine miese Idee, die Schröder da gehabt hat. Einfach einen linken Filmemacher für die High-Society zu verwursten. Wird eh keiner was negatives schreiben sich trauen. DOCH ! Danke für den Text

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