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German Pop: Pop, en passant

„QUIBB-Kunst ist keine deutsche Verison von Pop Art, New Vulgarism, Junk Culture, Nouveau-Réalisme oder Neo-Dada“, lautet selbstbewusst der erste von fünfzehn Punkten des ersten QUIBB-Manifestes, unterzeichnet von HP Alvermann und Winfried Gaul in Düsseldorf am 30. Januar 1963. Spätestens da, war eben das in Deutschland angekommen, von dem man sich so deutlich absetzen wollte. Einige Monate später klang es hinsichtlich einer Begrifflichkeit schon weitaus versöhnlicher: „Leben mit Pop – eine Demonstration für den kapitalistischen Realismus“ war der Titel einer legendär gewordenen Ausstellung in einem Düsseldorfer Möbelhaus mit niemand geringeren als Gerhard Richter und Konrad Lueg, später als Galerist Konrad Fischer bekannt, als deren Protagonisten. „German Pop“ ist der Titel einer Ausstellung in der Frankfurter Schirn, die sich nun jenem Phänomen Pop in Deutschland widmet. Freilich sind die Ursprünge der Pop Art in England zu finden, doch das was faszinierte waren jene Spielformen, die aus den USA herüber schwappten, der Hang zur Konsumkultur, zu Massenmedien, die Nivellierung der Bedeutsamkeiten zwischen High und Low. Unterschiede sind allzu deutlich, es sind letztlich gesellschaftliche Aspekte, die hier im Vordergrund standen. „Dieses glamouröse Feiern der Oberfläche wäre in Deutschland so kurz nach dem Krieg gar nicht möglich gewesen“, meint die Kuratorin der Ausstellung Martina Weinhart im Gespräch, doch müsse man sich auch vor Augen halten, dass es sich hierbei in Deutschland um die erste realistische Kunstrichtung nach dem Krieg handelt. In der westlichen Welt bedeutet Avantgarde Gegenstandslosigkeit, nun verhandelte eine junge Generation an Künstlern die dringliche Themen wie Vergangenheitsbewältigung oder, gleichsam tagesaktuell, den Vietnamkrieg mit den überaus deutlichen Gesten des Pop. Man mag sich in der Ausstellung wundern, dass die Topographie die Einteilung übernimmt. Düsseldorf, Berlin, Frankfurt und München markierten die Zentren, das umliegende Terrain scheint innerhalb der Kartographie des German Pop ein weißes Feld zu sein, ein Umstand, den auch die Kuratorin verwundert hat. Zwar herrschte zwischen diesen Orten besonders innerhalb der Achse Düsseldorf –Berlin, reger Austausch, doch lassen sich, so die Kuratorin, vergleichbar Dialekten unterschiedliche Spezifika erkennen. Das Rheinland nahm ab den sechziger Jahren im Kunstbereich generell eine gewisse Vorreiterposition ein, in Düsseldorf gab man sich je nach Medium, von der Malerei bis hin zu neuen Medien, klassisch bis experimentell. In Westberlin hatte sich die Produzentengalerie „Großgörschen 36“ zwecks Selbsthilfe gegründet, zudem nahm der junge Galerist René Block eine wichtige Vermittlerrolle ein, im Jahrzehnt darauf dann in New York. In München kombinierten Künstler von Gruppen wie „Geflecht“, „Spur“ oder „Wir“ Zitate des Informel mit jenen des Pop, eine Eigenwilligkeit, die sich kaum durchsetzen konnte. In Frankfurt schließlich, der amerikanischsten der deutschen Städte setzten Thomas Bayrle und Peter Roehr auf ihre Erfahrung in der Werbebrache und auf Optionen des Allover einer Serialität. Es ist womöglich nur eine Episode in den Oeuvres der mal mehr, mal weniger bekannten Protagonisten im Speziellen und der deutschen Kunstgeschichte im Allgemeinen, doch eben diese Bestandsaufnahme galt es einmal in einer Ausstellung samt umfangreicher Publikation festzuhalten.
Mehr Texte von Daniela Gregori

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German Pop
06.11.2014 - 08.02.2015

Schirn Kunsthalle Frankfurt
60311 Frankfurt am Main, Römerberg
Email: welcome@schirn.de
http://www.schirn.de
Öffnungszeiten: Di - So 11.00-19.00 Uhr, Mi - Sa 11.00-22.00 uhr


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