Werbung
,

Dorothy Iannone, Lee Lozano - Seek The Extremes...: Erhöhte Genitaliendichte

1970 richtete Harald Szeemann eine Ausstellung in der Kunsthalle Bern aus. Auf der Teilnehmerliste stand Dorothy Iannone (geb. 1933). Allerdings gab es ein Problem: Den sexuell befreiten Herrschaften - neben Szeemann einigen der ebenfalls ausstellenden Künstlern - passten die vielen Genitalien auf Iannones Zeichnungen und Gemälden nicht; könnten diese doch einen Skandal provozieren. Flugs versteckte man die anstößigen Stellen hinter Klebeband. Als dies dann doch zu merkwürdig aussah, wollte man einige der Bilder aus der Ausstellung nehmen - woraufhin Iannone und ihr Mann Dieter Roth die Teilnahme absagten. Iannones Arbeiten, die derzeit in einer Doppelausstellung mit Lee Lozano (1930-1999) in der Kunsthalle Wien zu sehen sind, erinnern an die Art Brut: Symmetrische Kompositionen, eine Vorliebe für immer wiederkehrende Features, schriftliche Erläuterungen direkt im Bild, Horror Vacui, eine hieratische Figurenauffassung. In langwierigen Bildergeschichten erzählt sie über die Liebe, meistens wird kopuliert, was das Zeug hält, sie selbst präsentiert sich gerne als Sexgöttin. Das alles traf in den 70er-Jahren wohl ziemlich gut den Nerv der Zeit - heute wirkt Iannones psychodelisch anmutende Bildproduktion vor allem retro. Unabhängiger vom Zeitgeist hat Lee Lozano gearbeitet. Ihre künstlerische Auseinandersetzung ähnelt nur oberflächlich jener von Iannone: Zwar ist auch bei Lozano die Genitaliendichte hoch. Allerdings hat ihre Auffassung von Sexualität mit Iannones fröhlichem "Hohe Lied der Liebe" reichlich wenig zu tun. In ihren starken Zeichnungen und weniger starken Gemälden fragmentiert sie Genitalien, amalgamiert diese mit religiösen Symbolen oder setzt sie in Gesichter ein - all das schwankt zwischen Sarkasmus und Gewalt. Daneben zeigt die Kunsthalle Lozanos "Pieces" - Aufzeichnungen extremer Selbsterfahrungen. Wie Carol Rama oder Semiha Berksoy zählen beide Künstlerinnen zu einer Generation, die erst jetzt allmählich (wieder-)entdeckt wird. Im Fall von Lozano ist dies längst an der Zeit.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Dorothy Iannone, Lee Lozano - Seek The Extremes...
07.07 - 15.10.2006

Kunsthalle Wien Museumsquartier
1070 Wien, Museumsplatz 1
Tel: +43 1 521 89-0
Email: office@kunsthallewien.at
http://www.kunsthallewien.at
Öffnungszeiten: Di-So 10-19, Do 11-21 h


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: