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Curated by 2020: Verschränkungen der besonderen Art

In einer von Covid-19 determinierten Zeit versucht das Galerienfestival Curated by, die Grenzen der auferlegten Möglichkeiten zu überschreiten und schafft es gekonnt, anstelle von Hybris Hybrids als Themenschwerpunkt zu definieren, der einen in sich fluktuierenden Handlungsspielraum eröffnet, in dem sich das Subjekt zu positionieren versucht.

Hybridität wurde spätestens seit den Cultural Studies der 1990er Jahre und Homi K. Bhabhas Konzept des „Drittem Raums“ als nicht-physischem Raum, der kulturelle Differenz ermöglicht, postuliert und durch queere und virtuelle Identitäten sowie künstliche Intelligenz erweitert. Dem von Orit Gat vorformulierten Thema widmen sich die einzelnen Galerien, die aufgrund der Reisebeschränkungen jedoch nicht ausschließlich internationale KuratorInnen, sondern einige davon auch in Österreich lebend oder gebürtig, einluden.

Der interdisziplinäre Charakter des Generalthemas wurde in vielen Fällen in ausgeklügelter Manier umgesetzt, etwa bei Christine König, wo Marina Fokidis die Bestände der Galerie recherchierte und daraus das Thema der Community herausfilterte, allen voran mit Gerhard Rühm und seinem erweiterten Ich-Bild, das den Buchstaben „i“ als „ich“ im Wort „WiR“ verlängert und eine Symbiose zwischen dem selbst und dem uns herstellt. Interdisziplinär auch Friederike Mayröckers Zeichnungen und Fotografien aus dem Vorlass der Nationalbibliothek, die Hans Ulrich Obrist für Rosemarie Schwarzwälder auswählte, um Ansätze für ihre Gedichte und Hörbuchvorlagen visuell zu konkretisieren. Einige KünstlerInnen hatten anlassbezogen neue Arbeiten entwickelt, wie Pavel Pepperstein oder Nedko Solakov in ihren ironisch pointierten Zeichnungen für Alistair Hicks Ausstellung bei Georg Kargl. Die Überschreitung gender-basierter Modelle gelang Susanne Rohringer bei Silvia Steinek, indem sie sich den Metamorphosen von Ovid widmete. Beispielgebend hier Orlan, deren Gesicht mit dem Antlitz aus „Die Geburt der Venus“ von Sandro Boticelli verschmilzt, oder Samuel Fossos Inszenierung von Malcolm X mit seinem eigenen Konterfei.

Der Skurrilität keine Grenzen gesetzt werden Brigitte Hucks Auswahl von Scott Clifford Evans Film „Murderkino“ bei Charim, in dem ein Kino seinen BesucherInnen nach dem Tod trachtet und diese dabei zu entkommen versuchen. In Zusammenarbeit mit mehreren KünstlerInnen, deren Props ebenso ausgestellt werden, zeigt sich ein Horror-Splatter Szenario, das als „work in progress“ begriffen werden muss. Dem gegenüber steht Jakob Lena Knebls Projekt für Crone, bei dem die Firma Hornbach, für die Blixa Bargeld bereits 2004 Werbetexte einsprach (zu sehen in einem Video), einen Pop-up Store errichtete, der mit künstlerischen Arbeiten ergänzt wurde. Mit „Baumarkt statt Galerie“ trifft Knebl den Puls der Zeit einer fehlgeleiteten Corona-Politik während des Lockdowns. Subtil dagegen Noit Banais Ausstellung gegenüber bei Martin Janda, die sich historischer Positionen und deren psychosozialen Komponenten annimmt, etwa bei Alejandro Cesarcos Film „Musings,“ der zwischen Formen von Realität und träumerischen Halluzinationen oszilliert.

Der positive Effekt der Pandemie zeigte sich zudem im verlängerten Eröffnungswochenende, das es ermöglichte, flanierend, konzentrierend und extensiv kommunizierend sich den einzelnen Orten und Manifestationen der Kunst zu nähern.

-->Alle Ausstellungen unter curatedby.at

Mehr Texte von Walter Seidl

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