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Johannes Wohnseifer - Wiedergabe: Der Würfel der Erkenntnis

Die Wiedergabe im herkömmlichen Sinn bezeichnet die Aufführung bzw. das Abspielen oder Präsentieren von etwas, das auf eine mehr oder weniger beliebige Art vorher aufgezeichnet oder gespeichert wurde. In der aktuellen digitalisierten Welt, spielt sich diese Wiedergabe nach immer dem selben, unverändertem Muster ab. Sie kann repetitiv ins Unendliche verlängert werden, ohne jemals auch nur die kleinste Variation zu zeigen. Die ewige Wiederholung ohne jeden Fehler, ohne Veränderung bedeutet aber zugleich den Tod jeder Evolution und damit den Verlust jeglicher Erkenntnis.

Für seine aktuelle Ausstellung in der Galerie Thoman hat Johannes Wohnseifer eben diesen Titel gewählt, um einige seiner älteren Skulpturen mit neuen Wandarbeiten und dreidimensionalen Arbeiten zu kombinieren. So hat er eine kleine Retrospektive aus fast 20 Jahren erarbeitet, die sich größtenteils auf den Würfel als Grundform der meisten Kunstwerke konzentriert, was auch eine räumlich ansprechende Inszenierung im Galerieraum ergibt.

Die Wiedergabe im Sinne der möglichst exakten Kopie führt Wohnseifer dabei in den Aluminiumgüssen der Styroporverpackungen von Apple Computern aus dem Jahr 2004 vor Augen. Die eigens für die eigenwilligen Formen der Computer kreierten Styroporboxen waren immer Teil des Gesamterlebnisses von Apple. Schon das Auspacken sollte die Nutzer darauf einstimmen, Teil einer eingeschworenen Community zu sein. Den „ghost in the machine“ der mittlerweile wohl nur noch in Technikmuseen zu betrachtenden Rechner transferiert Wohnseifer dabei aber in die zurückgebliebene (und schwer recycelbare) Verpackung die nach dem Muster der verlorenen Form nun in der Kunst-Community ein zweites Leben führen darf.

Als Kunstwerk quasi in die Ewigkeit transponiert hat Wohnseifer auch seinen Atelierfußboden, der zersägt und nun in sieben Plexiglaswürfel gepackt, verdichtet eine gewisse Zeitspanne künstlerischer Produktion wiedergibt. Aufgeladen wird die Geschichte noch durch die Beigabe kleiner Diamanten, die das „Bergwerk Atelier“ symbolisieren, in dem viel (kreatives) Material bewegt werden muss.

Aus dem Würfel-Rahmen fällt die Re-Inszenierung des im Jahr 2007 erschienenen „Werkverzeichnis 1992-2007“. Nicht mehr gebrauchte CDs werden oft als glitzernder Schmuck in die Speichen von Kinderrädern montiert. Wohnseifer hat die CDs mit den Druckdaten des Werkverzeichnisses hier in die Speichen eines Fahrrads der Firma Bianchi gesteckt. Dieses sehr spezielle, für Bahnradrennen entwickelte Modell, das keine Bremsen und keinen Freilauf besitzt, wurde durch die Beliebtheit bei Fahrradkurieren in New York als „Messenger-Bikes“ zum Kult-Klassiker. Der Künstler also als Bote, der es jedoch den Betrachtern oder der Kunstgeschichte überlässt, ob die intendierte Dynamik des Werks über das Kreisen um sich selbst hinauskommt.

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Die Ausstellung ist bis 28. August gegen Voranmeldung unter +43 664 200 51 79 geöffnet

Mehr Texte von Werner Remm

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Johannes Wohnseifer - Wiedergabe
27.06 - 28.08.2020

Galerie Elisabeth & Klaus Thoman
1010 Wien, Seilerstätte 7
Tel: + 43 1 512 08 40
Email: galerie@galeriethoman.com
http://www.galeriethoman.com
Öffnungszeiten: Mi-Fr 12-18, Sa 11-15 h


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