Werbung
,

ARCO 2020: Keine Küsschen in Madrid

Keine Küsschen, bitte! Sogar Hände werden weniger geschüttelt. Das Virus, Sie wissen schon. Noch werden Scherze gemacht über die drohende Gefahr. Aber immerhin findet die ARCO statt. Sie ist also mit einem blauen Auge davongekommen. Zwar schien es, dass während der Professional Days weniger Besucher durch die Madrider Messehallen schlenderten und man sah das eine oder andere lange Gesicht an den Messeständen. Doch es wird verkauft.

Markus Peichl von der Galerie Crone aus Wien und Berlin freut sich sogar über ein ungewöhnliches Phänomen: Gleich neun Arbeiten des jungen Franzosen Emmanuel Bornstein habe er verkauft, erzählt er freudig. Bei Preisen ab 3.300  Euro fällt die Kaufentscheidung vielleicht auch etwas leichter. Gleichwohl ist das ein riesiger Erfolg für den in Berlin lebenden Künstler. Nur das Triptychon von Martin Kippenberger, das prominent an der übers Eck gestellten Außenwand hängt, wartet mit einem siebenstelligen Preis noch auf einen Käufer.

Das "berühmte ARCO-Preissegment", wie es ein Aussteller formuliert,  reicht eben nur von 10.000 bis 50.000 Euro. Innerhalb dieser Spanne greifen die vor allem einheimischen und europäischen Sammler jedoch zu, vielleicht aktuell etwas zögerlicher als in anderen Jahren.

Anita Beckers aus Frankfurt nimmt seit 2015 wieder an der ARCO teil. Nach einigen weniger erfolgreichen Anläufen davor hat sie damals auf Anhieb einen Preis für ihre Präsentation gewonnen, ebenso wie im darauffolgenden Jahr. Das hat wohl zu einer erhöhten Aufmerksamkeit geführt, so dass sie seitdem jedes Jahr wiederkehrt. Aktuell geht sie das Wagnis ein, mit Annegret Soltau und Peter Weibel zwei Positionen zu zeigen, die am ehesten für Museumssammlungen infrage kommen. Aber: "Wenn ich die Ausstellung in Frankfurt machen würde, hätte ich einfach nicht die Chance, die Sachen so vielen Kuratoren zu zeigen, wie ich das hier machen kann." Der Plan ist an den ersten beiden Tagen soweit auch aufgegangen.

Thomas Krinzinger aus Wien merkt die Auswirkungen der Corona-Hysterie durchaus: "Von unseren lateinamerikanischen Sammlern haben wir bisher kaum welche gesehen", gibt er zu. "Im Gegensatz zum letzten Jahr zum gleichen Zeitpunkt haben wir viele Reservierungen und weniger Abschlüsse." Zuversichtlich sei er trotzdem. Schließlich seien die beiden großen Gemälde von Jonathan Meese doppelt und dreifach reserviert. Allerdings hat er mit Arbeiten von Monica Bonvicini und Secundino Hernandez nicht nur Zugpferde, sondern auch ziemlich hochpreisige Objekte (ab 100.000 Euro) am Stand. Andererseits freut er sich, dass gerade die Arbeiten der jüngeren Künstler wie Rui Miguel Leitao Ferreira (1.900 Euro) und Vladimír Houdek (2.500 Euro) schon regen Anklang bei einheimischen Sammlern gefunden haben.

Ines Lombardi von der Wiener Galerie Georg Kargl kann die Beobachtung bezüglich Lateinamerika teilweise bestätigen. Sie ist Brasilianerin und hat einige ihrer Landsleute gesehen, weiß aber auch von Absagen. Nach einigen Jahren Abwesenheit ist die Galerie erstmals wieder in Madrid und hat einen Querschnitt des konzeptuellen Galerieprogramms dabei. Und eine Fotoarbeit der aktuellen Biennale-Künstlerin Jakob Lena Knebl.

Reizvoll ist bei der ARCO für Aussteller wie für Besucher der Umstand, dass nicht nur die zahlreichen Institutionen, sondern auch die Sammler nicht nur auf kommerzielle Wiederverwertbarkeit schauen, sondern vor allem auf die Inhalte. Daher gibt es viele spannende Präsentationen, nicht nur in der kuratierten Sektion "Just a Matter of Time", die die Auswirkungen des Werkes von Félix González-Torres auf die künstlerische Praxis von Danh Vo, Jack Pierson, Liam Gillick und anderen untersucht, sowie in der jungen Abteilung Opening. Nicht von ungefähr sind nicht weniger als 15 Galerien allein aus Berlin angereist. Dass die ARCO wegen des grassierenden Virus möglicherweise für die nächsten Monate die letzte Messe für zeitgenössische Kunst sein könnte, hat aber vorher niemand ahnen können.

Mehr Texte von Stefan Kobel

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

ARCO 2020
26.02 - 01.03.2020

ARCO
28042 Madrid, Parque de Juan Carlos 1
http://www.arco.ifema.es


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: