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Marcus Geiger - Wenn 2: Originalkopien oder originell kopieren?

Unter dem Titel „Wenn2“, kuratiert von Stefan Bidner, zeigt die Galerie Elisabeth und Klaus Thoman noch bis zum 21. März Arbeiten von Marcus Geiger. Dass man es mit einer klassischen Verkaufsausstellung zu tun hat, verwundert, denkt man an Geigers raumbezogene Interventionen, wie seine meterlangen roten Teppiche, mit denen er das 21er Haus bei der Eröffnung auslegte, oder den roten Doppelrohr-Panzer für den Kunstverein Eisenstadt (2018). Am wohl bekanntesten wurde der 1957 in Muri (Schweiz) geborene Künstler durch seine skandalisierten Aktionen – 1992 setzte er dem goldenen Krauthappel der Wiener Secession eine schwarze Pudelmütze auf, sechs Jahre später pinselte er für seine Ausstellung die Außenfassaden der Secession komplett in Rot an.

Die Farbe Rot zieht sich dabei kontinuierlich durch sein Werk, umso nüchterner wirkt die aktuelle Ausstellung mit 34 Arbeiten, alle in ein und demselben Format (DIN A4) gerahmt, je 800 Euro. Spätestens beim Verkaufspreis wird man stutzig, ist man doch bei Thoman ganz andere Preiskategorien gewöhnt. Doch es sind keine Originale, die hier gezeigt werden, sondern „Originalkopien“, wie Stefan Bidner in seinem Ausstellungsbegleittext schreibt. Geiger fertigte nämlich über viele Jahre hinweg Schwarzweiß-Fotokopien seiner Arbeiten an, die er nun in ein einheitliches Format gebracht hat. Ist man mit Geigers Œuvre vertraut, so sollte man einige Arbeiten in den Kopien wiedererkennen. Spätestens beim Durchblättern der in der Galerie aufliegenden Kataloge steht man vor dem Rätsel, was hier eigentlich kopiert wurde: Fotos, Collagen, Zeitungsberichte oder künstlerische Auseinandersetzungen auf dem Weg zur Ideenfindung? Zweifellos findet man einige Arbeiten - wie ein Foto der gehängten Frotteehandtücher, Frottee-Schriftzüge oder den Frotteeanzug wieder, den Geiger 1990 als Parodie an Joseph Beuys’ Filzanzug schneiderte. Interessanter ist aber vielmehr, dass sich die reproduzierende Technik zum eigentlichen gestalterischen Element der Arbeiten manifestiert. Und so sind es genau jene Arbeiten mit den kleinen Unreinheiten, den überbelichteten Stellen, den Streifen oder Schlieren, die sich über das kopierte Medium strecken, den hellrosa Farbflächen, wo sichtlich die Patrone des Kopierers zu Ende ging, die faszinieren und den Arbeiten einen besonderen Charakter verleihen.

Die Frage der Reproduzierbarkeit von Kunstwerken beschäftigt die Kunstgeschichte schon seit der Erfindung der Tief- und Hochdruckverfahren und ist nicht erst ein Phänomen des Zeitalters der Technologisierung. Dennoch geht Geiger einen Schritt weiter, indem er seine Arbeiten zu Originalkopien erhebt. Aber gibt es dann wirklich nur je ein Exemplar? Und warum sind die Kopien, die er über die Jahre hinweg anfertigte, alle mit 2020 datiert? Man wird nicht ganz schlau und verlässt die Ausstellung, wie schon beim Betreten, mit einem Fragezeichen.

Mehr Texte von Désirée Hailzl

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Marcus Geiger - Wenn 2
18.01 - 02.05.2020

Galerie Elisabeth & Klaus Thoman
1010 Wien, Seilerstätte 7
Tel: + 43 1 512 08 40
Email: galerie@galeriethoman.com
http://www.galeriethoman.com
Öffnungszeiten: Mi-Fr 12-18, Sa 11-15 h


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