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Vier Stunden in der Albertina

Begonnen habe ich mit der Lassnig-Ausstellung.

Und bei der Ergehung/Eroberung/Empfindung ihrer wunderbaren Bilder meine resignierte Erkenntnis: Warum weiß ich erst heute, welche herausragende Künstlerin sie wirklich war.
Warum habe ich das nicht bereits früher erkannt, gespürt? Warum bisher eher Rainer? Warum haben seine Bilder nachdrücklicher mit mir gesprochen, und nicht die von Lassnig? Grund zum Schämen? Bin nicht gewillt dazu. Nur ein Dankeschön an die Albertina für diese meine Neuerkenntnis.
Bitte unbedingt ansehen – nur noch kurze Zeit.

Dann die Präsentation einer Auswahl von Zeichnungen aus der Sammlung Guerlain aus dem Centre Pompidou, Paris. Eine angeblich richtungsweisende Ausstellung für Arbeiten auf/mit Papier.
Wirklich? In welche Richtung weisend? Zugegeben – die gezeigte Auswahl aus der Sammlung ist groß und vielfältig. Sie ist sicherlich eine Subjektivitätsschau des Sammlerehepaars. Auch Vielfältigkeit kann man ihr nicht absprechen. Aber „bedeutend“ wie imaginiert wird? Ich liebe Zeichnungen – ich sammle sie. Aber hätte ich die Gezeigten gerne bei mir? Ganz wenige – wirklich ganz wenige Arbeiten haben mich emotional vereinnahmt. Vorrangig die von Nedko Solakov, zwei Arbeiten von Robert Longo und die von Kiki Smith. Ist es unangebracht zu fragen, ob das Centre Pompidou zusätzlich zur Aufnahme der Sammlung weitere guerlaineske Vorteile für sich verbuchen konnte?
Die Frage hat sich mir leider doch ein bissl aufgedrängt.

Und dann natürlich die umfangreiche Präsentation von Dürer.
Beeindruckend. Gottseidank war der Besucherandrang nicht allzu groß, sodass ich als Betrachter doch in viele Zeichnungen dankbar/glücklich versinken konnte. Natürlich hat den Hasen und die betenden Hände eine mächtige Sichtblockade umgeben. Was solls – der Besucherquote wird’s am Ende guttun. Welch ein zeichnendes Genie war Albrecht der Große. Welch herausragender Künstler. Und wieder bleibt nur Dankbarkeit an die Albertina.
Aber nochmals zurück zu Dürers Zeichnungen, die ich kurzfristig auch für mich allein hatte. Warum hat mich bei dieser Vielfalt manchmal der Zweifel gepackt? Natürlich nur der Zweifel. Ich bin ja kein Dürerspezialist. Nur Bewunderer. Aber sind alle hier gezeigten Dürerarbeiten wirklich Dürerarbeiten? Hätte er wirklich diesen einen Fuß so eigenartig verdreht? Und dieser Daumen an der sensibel gezeichneten Hand. Hätte ihn Dürer wirklich so gelassen, wie er ist? Und kann es überhaupt so viele echte Dürers geben? Können die Signaturen in Ihrer eigenartigen Vielfältigkeit wirklich aus einer - Dürers - Hand sein? Und schon drängt sich der entdeckte angebliche Dürer im Stephansdom in meinen emotionalen Vordergrund. Ein veröffentlichter sogenannter großer Dürer in Wien ohne jede Sicherheit/Ahnung/Möglichkeit, dass Dürer überhaupt in Wien war?
Aber welche Zweifel mich auch immer sekkieren, zwicken und zwacken: Diese Dürer-Ausstellung ist ein Muss – denn sie wird in dieser zu bewundernden Konzentration für Jahrzehnte nicht mehr zu erleben sein.

www.albertina.at

Mehr Texte von Manfred M. Lang

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