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Bewegter Stadtraum

Seit 2013 bespielt Andrea Domesle kontinuierlich den Stadtraum von Basel mit ihrem Projekt videocity.bs, das auch dieses Jahr kurz vor der Art Basel eröffnete und während der Messe auf einem über dem Eingang des Congress Centers angebrachten Videoscreen BesucherInnen und die ringsum in den Straßenlokalen verweilenden Personen mit ungewöhnlichen Kunstclips überrascht.  

Während letztes Jahr Tomas Eller eine Einzelpräsentation gewidmet wurde, (-->das artmagazine berichtete) sind diesmal acht Videos zum Thema „Loneliness“ der KünstlerInnen Sylvie Boisseau & Frank Westermeyer, Gregory Buchert, Dimension Émotionnelle, Paul Heintz, Luzia Hürzeler, Frantiček Klossner, Theres Liechti und Elodie Pong zu sehen, die mit subtilen, jedoch mitunter verstörenden Gesten die Aufmerksamkeit auf sich lenken. Als Ko-Kuratorin fungierte diesmal die in Straßburg tätige Sophie Kauffenstein.

So zeigen etwa Boisseau & Westermeyer die 2004 in Chicago entstandene Arbeit „Flagman,“ bei der der Künstler mit einer roten Fahne vor einem Parkplatz steht und Autos wie bei einem Formel 1 Rennen vorbeiwirkt, eine scheinbare Geste des Regelns von Verkehr, die jedoch bald ins Absurde driftet. Der Franzose Paul Heintz wiederum lässt einen traurigen Soldaten im Bild erscheinen, der am deutlichsten jenes Phänomen der Einsamkeit demonstriert. Luzia Hürzeler stellt zwei Einstellungen einander gegenüber, die unterschiedliche Bio- bzw. Soziotope konterkarieren. Während in einem Teil einer Forelle das Wasser im Aquarium ausgelassen und ihrem Leben ein Ende bereitet wird, befindet sich im anderen die Künstlerin selbst in einem ebensolchen Kubusraum, in dem jedoch das Wasser langsam zu steigen beginnt und schließlich die Künstlerin zwingt, die Luft anzuhalten, um nicht zu ertrinken. Die Mitglieder der Gruppe Dimension Émotionelle hingegen sammelten Industrieabfälle rund um ihr Atelier und ließen diese auf einer kreisförmigen Platte in einem grünen Setting drehen, wodurch sich ein Gefühl der Erhabenheit und Ästhetifizierung einstellt.

Wer die Videos in ihrer Gesamtheit mit Ton sehen will, kann dies parallel in der Mediathek der Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW tun. In einem Schaufenster des renommierten Innenstadtkaufhauses Globus hatte zusätzlich das Video „Götter und Geister“ von Boisseau & Westermeyer seine Premiere. Das Künstlerduo konfrontiert hier BetrachterInnen mit dem “Unboxing“ – Phänomen, wie es im Internet verbreitet ist. Die Amateurvideos zeigen, wie das behutsame Auspacken von Produkten zelebriert wird und referenzieren gleichzeitig jenen Konsumismus, für den der Ort der Präsentation steht. Hier schließt sich der Kreis zwischen Ware, Verpackung, Konsum, öffentlicher Raum mit der Frage, wie Kunst all diese Phänomene in jenem immanenten Kontext reflektiert, der den Gegenstand der Debatte bildet.

videocitybs.ch/
Bis 11. August 2019

Mehr Texte von Walter Seidl

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