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Olga Wisinger-Florian - Flower-Power der Moderne: Talent, Fleiß und Netzwerke

Um in der Kunst etwas zu erreichen, gehört vor allem Fleiß dazu, denn Talent ohne Fleiß bringt es absolut zu nichts. Ich habe im späten Alter zu malen begonnen. Ich war sechsundreißig Jahre alt, wie ich zu studieren anfing, und habe es doch schließlich zu etwas gebracht, aber mit dem größten Aufwand an Fleiß und Energie., so Olga Wisinger-Florian 1906, im Alter von 62 Jahren.
In diesem Jahr reiste die Künstlerin und Selbstvermarkterin an die Côte d´Azur, um Erzherzogin Clothilde, Prinzessin von Sachsen-Coburg zu besuchen und war anschließend auch auf Schloß Euxinograd in Varna, der Sommerresidenz des Fürsten Ferdinand I, dem Bruder von Erzherzogin Clothilde zu Gast. Die beiden wurden zu Bewunderern und Sammlern und empfahlen die Künstlerin im erlesenen Kreis weiter.

Wie kaum ein Zeitgenosse (von weiblichen ganz zu schweigen), wußte Olga Wisinger-Florian um ihren Wert und ihr Talent zur Vermarktung der eigenen Werke. Eine frühe Lobbyistin der eigenen Kunstwerke, kann man heute behaupten. Dabei war ihr das nicht in die Wiege gelegt. Nach der Ausbildung als Konzertpianistin und ihrer Hochzeit mit dem Apotheker Franz Wisinger, der die Apotheke Zum Goldenen Adler (heute Internationale Apotheke) am Wiener Schwarzenbergplatz innehatte, war Olga Wisinger-Florian bestens versorgt und hätte als Dame der Gesellschaft ein ausgeglichenes Leben führen können. Nicht aber die geschäftstüchtige, charmante und fleissige Künstlerin, die Privatunterricht bei August Schaeffer von Wienland (dem späteren Direktor der k.k. Gemäldegalerie) und Emil Jakob Schindler hatte, mit dessen Studentengruppen sie an mehreren Studienreisen teilnahm. Bald zählte Olga Wisinger-Florian zu den ersten erfolgreichen Künstlerinnen, die den Beginn einer konsequenten Kunststgeschichte der Frau präsentierten. Sie schaffte es nicht nur, sich in der männlich dominierten Kunstwelt zu behaupten, sondern wurde auch zahlreich ausgezeichnet und war gern gesehener Gast bei Adel und Großbürgertum, von denen sie Aufträge erhielt und unterstützt wurde.

Es war aber nicht nur einfach Malerei, es war die Suche nach neuen Raumlösungen. Die Fluchtpunkte wurden mit Schrägen im Bildaufbau nach hinten geführt. Die Leinwandmotive wurden meist mehrmals horizontal und vertikal, diagonal und schräg gestaffelt aufgebaut. Nach der Abkehr der Ateliermalerei in den 1890er Jahren ging die Malerin in die freie Natur und setzte die Ausdruckskraft mit pastoser Farbe in Szene. Im Fokus stand meist die Blume, deren Darstellung sie vom Klischee der lieblichen Frauenmalerei befreite.

Das Künstlerhaus, die Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens wurde 1867 gegründet. Künstlerinnen wurde eine Mitgliedschaft allerdings nicht gewährt, obwohl sie Werke für Ausstellungen einreichen konnten. Ab 1883 ließ Olga Wisinger-Florian keine der Ausstellungen aus, knüpfte Kontakte, zeigte Präsens und - vermarktete ihre Bilder. Zudem wurde in ihrer Atelierwohnung an der Wienzeile unterrichtet und zu Präsentationen geladen.

Wo waren die Galeristen vor 150 Jahren? Die Marke Olga Wisinger-Florian zeigt vor, wie es ein Parallelmarkt nebst dem von Galerien dominierten Marktplatz gibt. Zusätzlich gab es Vermarktungen durch den Wiener Kunsthändler Eduard Hirschler, Charles Sedelmeyer in Paris, Henry Wallis in London und Eduard Schulte in Berlin. Im Wiener Galeristen Gustav Pisko fand die Künstlerin in späten Jahren den perfekten Partner, um ihre Idee einer reinen Frauenausstellung umsetzen zu können.

Die Netzwerkerin trat 1885 in den neu gegründeten Verein der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen Wiens und wurde kurz darauf dessen Präsidentin. Sie engagierte sich für die Friedensbewegung von Bertha von Suttner und reisete als deren Delegierte zu internationalen Friedenskongressen.
Die Unternehmerin reiste durch Europa und in die USA, war aber genauso gerne zurückgezogen in Niederösterreich. In Grafenegg verbrachte sie jahrelang die Sommermonate ehe sie 1914, zwölf Jahre vor ihrem Tod in eine Parkvilla am Schloßareal zog.

Was hinterläßt diese Kosmopolitin? Wunderbare architektonische Zeugnisse des Glashauses, die prächtigsten Blumenbeete, den Rosengarten und die in vollster Blüte stehenden Hortensien in Grafenegg. Den Blick in die Fremde hält sie mit einer Ulmenallee am Schwarzen Meer, Gartenwegen in Nizza, Strandpartien von der Normandie oder dem Fischmarkt in Venedig fest.

Sommerfrischlerin und nachhaltige Geschäftsfrau - ihr Talent verschaffte ihr Anerkennung und Respekt, Fleiß machte sie zu einem verlässlichen Partner, doch ihr Taktieren und Netzwerken führten zum großen Erfolg. Olga Wisinger-Florian galt schon zu Lebzeiten als außerordentlich erfolgreich und hochpreisig. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Auf Auktionen erreichen Leinwandwerke Spitzenwerte um die EUR 500.000,-, im Handel je nach Werk wohl noch mehr.

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Die Schau im Leopold Museum wurde von Marianne Hussl-Hörmann und Alexander Giese kuratiert, der 2018 seine Dissertation Olga Wisinger-Florian. Leben und Werk. Vom Poetischen Realismus zum Farbexpressionismus an der Universität Wien finalisiert hat.

Mehr Texte von Iris Stöckl

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Olga Wisinger-Florian - Flower-Power der Moderne
24.05 - 21.10.2019

Leopold Museum
1070 Wien, Museumsquartier
Tel: +43 1 525 70-0, Fax: +43 1 525 70-1500
Email: leopoldmuseum@leopoldmuseum.org
http://www.leopoldmuseum.org
Öffnungszeiten: Mi-So 10-18 h


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