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Roland Maurmair - Ikebana Madness: Experimentelle Kombinatorik botanischer Kulturpraktiken

Die Pflanze als Werkstoff ist das zentrale Element der Ausstellung Roland Maurmairs. Besonderes Augenmerk legt er auf die Pflanzengattung der Tillandsien aus der Familie der Bromeliengewächse, die hauptsächlich in Südamerika Verbreitung findet. Ihre Eigenschaft, auf anderen Pflanzen wie Bäumen und Kakteen sowie auf Dächern und Telefonleitungen zu leben und die zu ihrem Wachstum benötigten Stoffe aus der Luft zu filtern, machen sie zu wahren Überlebenskünstlern. Diese exotische Flora kombiniert der Künstler genauso wie heimische Pflanzen zu eigeneständigen Gebilden.

Vor allem die elektrifizierten botanischen Objekte ziehen sofort die Aufmerksamkeit auf sich. Prominent hängt eine Lampe in der Ecke. Erst die nähere Betrachtung offenbart, dass der Lampenschirm aus Kletten besteht, die nur durch ihre aneinanderhaftende Eigenschaft das Leuchtmittel abschirmen. Die Umgebung wird durch das durchbrochene Licht in eine heimelige Atmosphäre getaucht. Das Objekt erzeugt eine Vertrautheit und irritiert zugleich durch die Umfunktionierung. Faszinierend und magnetisch anziehend ist ein kleines Objekt welches sich auf einer Tischplatte befindet. Ein Arrangement bestehend aus drei kleinen Blättern die in einem beleuchteten Rahmen ausgerichtet sind. Durch eine sich unmittelbar neben den Blättern befindende mit Strom verbundene Kupferspule wird ein einfaches Magnetfeld erzeugt, das die Blätter bewegt, sodass diese sich leicht in eigenem Rhythmus bewegen. Eine Illusion der Lebendigkeit von offensichtlich abgestorbener Natur entsteht. Flankiert wird dieses Objekt von einer am Tisch stehenden Antenne die mit Tillandsien eine Symbiose bildet. Das Antennenobjekt ist eines von zweien und ist mit seinem Namen, Ikebana Madness, für die Ausstellung titelgebend. Ikebana ist eine eigenständige, ausschließlich in Japan entwickelte Kunstform. Der Sinn des Ikebana-Arrangements soll einerseits die Natur in den Lebensraum des Menschen bringen, jedoch gleichzeitig die kosmische Ordnung darstellen. Durch das Pflanzen-Arrangement stellt der Gestalter sowohl sein Verhältnis zur Natur als auch seine jeweiligen Gefühle dar, die ihn während des Gestaltens bewegen. Hinter der Antennenskulptur an der Wand befindet sich eine große grafische Arbeit mit selbst hergestellten Farben aus natürlichen Materialien. Ebenso sind kleinere grafischen Werke, die sich aneinandergereiht auf der gegenüber liegenden Wand befinden, mit diesen Farben gestaltet und transportieren das Thema Natur und Elektrizität. Auch zwei Siebdrucke zum Thema mit einer Auflage von je 10 Stück ergänzen die Ausstellung. Grüne Strahlkraft hat die grafische Arbeit „Wurzeln schlagen“. Über 2 Papierbögen schlingt sich ein Wurzelstrang der am Übergang von einem Bogen zum anderen mittels einer leuchtenden grünen Led verbunden ist. Am Ende der Bilderreihe befindet sich, hoch an die Wand montiert, die zweite, größere Fernsehantenne – Ikebana Madness II. Auf ihr wachsen anmutige, Girlanden-artig herunterhängende Tillandsien.

Roland Maurmairs Auseinandersetzung mit der japanischen Kulturtradition Ikebana und sein Transfer in die westliche Welt zeigt den Bezug des urbanen Menschen zur Natur auf, den man durchaus als „mad“ bezeichnen kann. Die Sehnsucht nach wahrer Natürlichkeit während gleichzeitig die Technisierung die alltäglichen Lebenswelten bestimmt und einnimmt. Besonders im Stadtraum wird durch künstliche Naturlandschaften die Illusion von Natürlichkeit hervorgerufen. Maurmairs Arbeiten erzeugen ein Sehnen nach Urkraft und Wildnis und auch die Hoffnung, dass sich die Natur den urbanen Raum zurück erobern wird.

Mehr Texte von Alexandra Remm

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Roland Maurmair - Ikebana Madness
07.05 - 30.06.2019

Projektraum Lucas Cuturi
1070 Wien, Neustiftgasse 107 Top 5
Öffnungszeiten: Nach Vereinbarung unter +43 676 5482498


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