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Lassnig - Rainer. Das Frühwerk: Das Gemeinsame und das Trennende

Das Lentos zeigt das Frühwerk Maria Lassnigs und Arnulf Rainers. Somit gelang es dem Linzer Kunstmuseum als erstes, die Werke der beiden Weggefährten, die so charakteristisch für die österreichische Avantgarde stehen, in einer Ausstellung zu vereinen. Und das auch noch im Jubiläumsjahr, denn Lassnig wäre heuer 100 Jahre alt geworden, während Rainer seinen 90. Geburtstag feiert. Die Ausstellung gibt einen umfassenden Einblick in die Stilfindung und Entwicklung der individuellen Ausdrucksformen der beiden Künstler.

Rainer war gerade einmal achtzehn Jahre alt, als er die um zehn Jahre ältere Maria Lassnig in Klagenfurt kennenlernte. Vor den russischen Besatzungssoldaten in Baden geflohen, kam er 1945 nach Kärnten, um an der Bundesgewerbeschule in Villach zu studieren, während sich Lassnig nach ihrem abgeschlossenen Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Wien ihr Atelier in Klagenfurt eingerichtet hatte.

Die Ausstellung beginnt mit dem verpönten Aktbild Michael Guttenbrunners, dem Schriftsteller und damaligen Geliebten Lassnigs, für das sie erstmals in den Schlagzeilen landete. 1947 war es, als Rainer eben dieses Bild im Klagenfurter Kunstverein gesehen hat. Es war der Anfang einer Liebesbeziehung, aber viel mehr der Anfang einer für beide Künstler inspirierenden Phase. Trotz des Altersunterschieds begegneten sie einander auf Augenhöhe, was die gemeinsame Schaffenszeit so anregend und beflügelnd machte. In keiner Hinsicht war ihr der so viel jüngere Rainer, der nur einen Tag an der Universität für angewandte Kunst studiert hatte, unterlegen. Im Gegenteil, diese Zeit bildet das Fundament für ihren weiteren Werdegang.

Rund 120 Arbeiten aus 1948 bis 1960 vereint das Lentos in seinem Obergeschoss. Geprägt von einer typisch offenen Ausstellungsarchitektur, die dem Besucher das Ziehen von Vergleichen und Finden von Parallelitäten erleichtert, kann man hier seinen eigenen Weg durch die Ausstellung gehen. Das gelungene Konzept von Nicole Six und Paul Petritsch lässt die Arbeiten von Lassnig und Rainer durch den Raum schweben. Sie ergänzen und erweitern sich, stehen jedoch nie in Konkurrenz zueinander. Vielmehr verliert man vor dem ein oder anderen Werk schon einmal die Zuordnung zu seinem Autor.

Die Anfänge fanden die beiden im Surrealismus, für den sich besonders Rainer begeisterte. Seine Zeichnungen und Gemälde entwickelten sich zu gegenständlichen Anhäufungen, während Lassnigs Arbeiten sich hin zu strukturellen Verdichtungen herausbildeten. Vor allem bei diesen Arbeiten fällt es anfangs schwer, die beiden Künstler auseinanderzuhalten. Ausschlaggebend für ihr weiteres Schaffen war der Aufenthalt in Paris, den Lassnig über ein Stipendium finanzierte. In der Ausstellung „Vehémences Confrontées“ in der Galerie La Dragonne trafen sie auf die abstrakten Malereien von Willem de Kooning, Georges Mathieu und Jackson Pollock. Dort lernten sie erstmals die informellen Tendenzen kennen. Rainer probierte Blindzeichnungen, Zentralkompositionen und Kruzifikationen aus, während Lassnig mit amorphen Bildern und introspektiven Zeichnungen experimentierte, die sie später zu ihren bekannten Körperbildern transformierte. Genau diese Phase war für die beiden Avantgardekünstler so bedeutsam. Enttäuscht von André Breton, den sie eigentlich besuchen wollten, stellte die Reise nach Paris die Weichen für die Befreiung jeglicher Gegenständlichkeit in der Malerei.

1952/53 verschrieben sich die beiden für kurze Zeit der abstrakt-konkreten Kunst, in dem Lassnig anhand von Flächenteilungen und Rainer von Proportionen die Wechselwirkungen der geometrischen Farbflächen zueinander ausloteten. Rainers Arbeiten wurden zunehmend reduzierter, es entstanden monochrome schwarze Bilder und vor allem seine ersten Übermalungen. Die abstrakte Kunst und Auseinandersetzung mit Farbflächen wiederum inspirierte Lassnig zu ihren Kopf- und Körperdarstellungen, die sie ab 1954 schuf. 1958 entstanden bereits ihre Körpergefühlsbilder, die ihr Œuvre bis zu ihrem Tod dominierten.

1954 trennten sich ihre Wege: Rainer zog zurück nach Baden und Lassnig ging nach Wien. Trotz seiner Versuche einer gemeinsamen Ausstellung im Arnulf Rainer Museum in Baden, kam es dazu nie, denn Lassnig lehnte dies zu Lebzeiten stets ab. Sie hatte es anfangs sicher nicht leicht im Vergleich zu ihrem Konkurrenten, der bereits in den 50ern von Otto Mauer gefördert wurde, in dessen Galerie nächst St. Stephan sie erst 1960 ausstellen konnte. Lassnig wurde spät international gewürdigt (Max-Beckmann-Preis 2004, Goldener Löwe der Kunstbiennale Venedig 2013). Das Lentos zeigt anschaulich die Parallelen im Frühwerk Lassnigs und Rainers, aus denen beide ein höchst eigenständiges und bedeutendes Œuvre entwickelt haben.

Mehr Texte von Désirée Hailzl

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Lassnig - Rainer. Das Frühwerk
01.02 - 19.05.2019

Lentos Kunstmuseum Linz
4020 Linz, Ernst-Koref-Promendade 1
Tel: +43 70 7070 36 00
Email: info@lentos.at
http://www.lentos.at
Öffnungszeiten: täglich außer Mo 10-18 Uhr, Do 10-21 Uhr


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