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Andreas Slominski - Neue Arbeiten: Minimalistische Besucherfallen

Man sollte diese Ausstellung „von hinten aufrollen“, denn ganz am Ende des Galerieraumes wartet ein kleines Styroporbild auf den Besucher, das die Richtung für mögliche Interpretationen und Wahrnehmungen in der Ausstellung vorzugeben scheint. Das Bild zeigt im naiv-realistischen Stil gemalt eine Frau, die Steine aus einer Mauer nimmt. In den Räumen vor diesem Bild stehen metallene Gerüste, die, folgt man der Narration des kleinen Bildes, auch als minimalistische Stahlgerüste vom Bau gelesen werden könnten. Doch diese Interpretation erweist sich gleichsam als eine Besucherfalle, denn es handelt sich hier, bei den Skulpturen „Omega“, 2018, und „Gamma“, 2018, um zwei riesige Lagerregale, eins in hellgrauer Farbe, eins in roter. Arbeitet Andreas Slominski da also in der altehrwürdigen Tradition des Readymades? Auch diese interpretierende Zuordnung stellt sich als Besucherfalle heraus, in die man als gewiefter Kunstkenner wohl all zu gerne tappt, um seine eigene Kompetenz in Sachen moderner Kunstgeschichte zu beweisen. Bei genauerem Hinschauen erkennt man dann aber, dass die Lochung der Regalsysteme Sonderanfertigungen sind, die es dem Künstler erlauben, die Struktur der Regale, z. B. den Abstand und die Größe der jeweiligen Regalfächer, nach eigenen Vorstellungen zu rhythmisieren, nach Vorstellungen, die profane Nützlichkeit für weniger wichtig hält, als eine ästhetisch überaus ausgeklügelte Form der Regalsysteme.

Auf einem der Regale liegt in luftiger Höhe ein Paar Skier. Zunächst scheint dieses irgendwie plausibel, liegen doch die Skier „im richtigen Leben“, wenn man welche hat, des öfteren ganz oben auf einem Regal im Keller. Dieses Regal von Andreas Slominski aber ist ansonsten leer – warum also legt er dort das Sportgerät in nahezu unerreichbarer Höhe ab? Warum diese Mühe, die nicht nur völlig unnötig ist, sondern auch gewollt kontraproduktiv erscheint? Weil es dem Hamburger Künstler eben auch hier eher um einen „subtil verirrten“, minimalistisch-poetischen Ein- und Ausdruck geht, als um die präzise Darstellung von vermeintlicher Wirklichkeit.

Das Arbeiten mit Regalen hat bei Andreas Slominski übrigens eine lange Geschichte, denn schon 1995 stellte er in der von Florian Waldvogel kuratierten Ausstellung „Regal Regal“ das hölzerne Bücherregal „Zwei“, 1995, aus. In einem Regalfach lag ein Würfel und eine angebrochene Packung Taschentücher. Alles wie immer also? Eben nicht, denn gefüllt hatte Slominski das Regal nicht von vorne, sondern von hinten nachdem er die Rückwand des Regals entfernt hatte … Zu sehen ist diese Arbeit, quasi als historisierender Appendix zu der sehenswerten Ausstellung, in einem oberen Raum der Galerie.

Mehr Texte von Raimar Stange

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Andreas Slominski - Neue Arbeiten
08.09 - 27.10.2018

Galerie Bärbel Grässlin
60313 Frankfurt, Schäfergasse 46 B
Tel: +49 69 299 246 70, Fax: +49 69 299 246 729
Email: mail@galerie-graesslin.de
http://www.galerie-graesslin.de


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